manuel on Wed, 10 Jul 2002 19:37:02 +0200 (CEST)


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[Nettime-bold] uRBAN sEX aTTAC - Statement 1


01 and travellab present


a libidinous evening:


---> uRBAN sEX aTTAC


Friday, July 12 2002, 9 pm

Theo Altenberg and Djuna Lou Finidee
Marie Luise Angerer
Lucio Auri
Chris Chroma
Anja Czioska
Hartmut Fischer with Andreas L. Hofbauer
Regina Florida
Undine Goldberg
Noritoshi Hirakawa
Ewa Juenemann
Elke Krystufek
Ewa Latoszek
Gabriele Leidloff 
Rémy Markowitsch
Seán Derrick Cooper Marquardt
Shelley Masters
Gottfried Meyer-Thoss
Rudi Molacek
Juergen Moritz
Karen Oldenburg
Cameron Rudd
Brigitte Schaller
Ira Schneider
Joulia Strauss & Friends
Dita Bella Vart

curated and hosted by Manuel Bonik and Mic Mikina


---> libido
Brunnenstrasse 173 / Invalidenstrasse
10119 Berlin - Mitte
030-44317660
post@libido-bar.de

http://travellab.net/u_s_a_zero.html


uRBAN sEX aTTAC ist ein kunstlerischer Abend zum Thema 
Sexualitaet, das auch im 21. Jahrhundert nichts von 
seine Vehemenz verloren zu haben scheint. Im 
Gegenteil erleben wir mit Gentechnik und Gender Studies,
Aids und differenzierter gewordenen Evolutionstheorien,
mit Internet und der globalen Verfuegbarkeit von Koerpern
einen kraeftigen neuen Boom sexuell gepraegter Debatten.
uRBAN sEX aTTAC gewaehrt mit Positionen von fast dreissig
internationalen Kuenstlern vielseitige kritische wie
lustvolle Einblicke in aktuelle Haltungen zu diesem 
Themenkomplex.

uRBAN sEX aTTAC gibt zugleich einen ersten Vorgeschmack 
auf das uRBAN sEX mEETING, einem Festival rund um's Thema, 
das 2003 in Berlin stattfindet und die Publikation der 
Künstlerzeitschrift 01 SEX begleitet (herausgegeben von 
Manuel Bonik in Kooperation mit Noritoshi Hirakawa, 
Elke Krystufek und Mic Mikina). Das uRBAN sEX mEETING soll 
im lockeren Kontext einer künstlerischen Convention in 
Theorie und (künstlerischer) Praxis Fragen von Urbanität 
und Sexualität behandeln, dabei aber auch z.B. den 
kommerziellen Aspekt nicht ausblenden. Es geht um 
Fragestellungen zu Diskursen und Modellen, zu wahren und 
sozialen Geschlechtern und zur Ästhetik von sexuell 
motivierten Style- und Bilder-Codes. Was sind Identitäten 
und was Verschiebungen in der mentalen Produktion, 
wo sind dem unersaettlichen CloseUp der Pornografie Grenzen 
gesetzt, wo endet Aufklärung und wo beginnt ihre 
Oszoenitaet? Was will und braucht ein moderner und 
modernisierter Cyborg-Koerper, waehrend er bis in die 
letzten Intimitaeten kommerziell verwertet wird und man in 
den Genlabors an seiner Neugestaltung arbeitet? Inwiefern 
bieten Mode, Design und Science Fiction neben Rhythmen, 
Revivals und postkolonialen Denkmodellen, Ansaetze zu 
generativen sozialen Systemen?

Dass Sex uns im Laufe der Jahrhunderte wichtiger geworden 
ist als unsere Seele, wichtiger beinahe als unser Leben, 
schreibt Michel Foucault in seinem Werk >Sexualitaet und 
Wahrheit<. - Das Aufkommen von Techno-Musik und -Kultur
Ende der 80er Jahre fuer eine neue Rolle des Koerperlichen. 
Der Koerper wurde einer reflexiv-kritischen Haltung 
>des Kopfes< entgegengestellt, die (sexuelle) Ekstase - und
erlebte sie mancher durch Wellness Hoechstleistungssport 
- den Aporien der Philosophie. Dieser Trend verstaerkte 
sich durch die Verbreitung des Internets. Durch den 
leichten www-Zugriff auf Pornographie, die noch heute 
locker ein Drittel des Netz-Traffics ausmacht, aber auch 
ueber Newsgroups, Chats und Muds erfuhren weite 
Bevoelkerungskreise einen massiven Schub von 
sexueller >Aufklaerung<. In sexueller Hinsicht kann heute 
jeder alles >wissen< oder zumindest schon mal gesehen haben, 

Auch im Fernsehen erscheinen Ruf-mich-an!-Stunden als 
ultima ratio des abendlichen Programms. Teilnehmer von 
Talk-Shows lassen sich in einem Maße ueber sexuelle 
Praktiken, Neigungen, Perversionen etc. aus, das noch vor 
wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre. So lange Verfemtes 
wie Sado-Masochismus scheint inzwischen fast schon eine Art 
Volkssport geworden. Wie Michel Foucault in >Sexualitaet 
und Wahrheit< darstellt, hat sich der sexuelle 
Bekenntniszwang allmaehlich aus den Beichtstuehlen 
des Mittelalters in immer groessere Oeffentlichkeiten der 
Moderne entwickelt. Foucault hat nicht mehr miterlebt,
wie sehr moderne Medien diesen Trend potenziert und dabei 
u.a. auch die jahrhundertelange Sexualkontrolle durch 
religioese Autoritäten (und vielleicht auch diese selbst) 
relativiert haben.

In den Staedten treffen sich die sexuell Aufgeklärten des 
21. Jahrhunderts. Singles praegen das Bild, in den 
entwickelten Industrienationen sind Kinder selten geworden 
und treten oft genug nur noch als Fetisch politischer 
Diskussionen auf. In den Staedten erleben wir die Auflösung 
der Familie, aber auch das Entstehen neuer Formen des 
Zusammenlebens. In Berlin, wo die uRBAN sEX aTTAC 
stattfindet, gibt es hunderte von >Freiraeumen<, Galerien, 
Clubs, Bars, private Haushalte, WGs. Kinos und Theater, 
Blumenlaeden, kryptische Modeboutiquen, Friseursalons und 
irgendwelche Mischungen aus all diesen. Eine Jeunesse ist
endlich doree geworden, insofern sie jenseits 
traditioneller Ehstands-Zwaenge Jahrzehnte Zeit hat, 
sexuelle Erfahrungen zu machen. 

Die uRBAN sEX aTTAC ist sich ihrer eurozentrischen 
Sichtweise durchaus bewusst und weiss, dass Bumsbomber
nach Asien und das - durchaus auch oekonomisch 
bedingte - Sterben von Millionen Bewohnern der Dritten 
Welt an Aids Sex zu einem dringenden globalen Thema 
machen, 


Manuel Bonik / Mic Mikina, Berlin July 2002

Manuel@travellab.net
Mic@travellab.net

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