Oliver Ressler on Fri, 15 Nov 2002 22:46:02 +0100 (CET) |
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[Nettime-bold] Erich Fried Passage in Kapfenberg |
(for English and an installation shot please scroll down) ERICH FRIED PASSAGE IN KAPFENBERG eine themenspezifische permanente Installation von Oliver Ressler Nach einem geladenen Wettbewerb wurden Oliver Ressler und Martin Schmidl von der Stadt Kapfenberg (A) mit der Realisierung von zwei Installationen beauftragt, die dem Autor Erich Fried gewidmet sind. Seine politischen Gedichte und seine Liebeslyrik machten Erich Fried (1921 - 1988) zu einem der bedeutendsten und engagiertesten deutschsprachigen Autoren seiner Zeit. Die Installation Oliver Resslers besteht aus zwei 1,5 x 1,5 m großen Leuchtkästen und einer 46 m langen Bodenbeschriftung im Zentrum Kapfenbergs. Die Text-/Bildmontagen der beiden Leuchtkästen kombinieren thematisch und assoziativ Textausschnitte aus Erich Frieds literarischem Werk mit Fotografien und einer Zeichnung aus dem Nachlass. Die ausgewählten Texte setzen sich mit dem kapitalistischen Gesellschaftssystem, möglichen Alternativen dazu, mit Sozialismus und Fragen der Demokratie auseinander. Diese inhaltliche Schwerpunktsetzung bildet das Verbindungsglied zwischen der politischen Haltung und Literatur Frieds und der Geschichte und Gegenwart der obersteirischen Industriestadt Kapfenberg. Der in der Altstadtpassage in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem nach dem Widerstandskämpfer Koloman Wallisch benannten Hauptplatz installierte Leuchtkasten fokussiert anhand von Ausschnitten aus dem Text "Die Arbeiterbewegung als kulturelle Kraft" (1987) Frieds Ansichten über Sozialismus und Arbeiterkampf. Der Text lautet: "Man kann sich z. B. in einer Zeit ständig wachsender kapitalistischer multinationaler Verschränkung einen neuen Sozialismusbegriff ausdenken, der den Kapitalismus nicht ausschaltet und Klassenkampf durch Sozialpartnerschaft ersetzt. Aber was man nicht kann, ist: Ein solches Manöver im Innersten selbst glauben." Das Werbemedium Leuchtkasten verweist auf die andauernde Aktualität dieser Einschätzung Frieds. Von diesem Leuchtkasten weg ist in der Passage, in der die Zugänge zu den Büros des Stadtgemeindeamts Kapfenberg sind, folgender Text Erich Frieds als 46 m lange und 17 cm breite Bodenbeschriftung in weißer und schwarzer Farbe angebracht: Ein Land in dem / behördliche Sprecher erklären: / "Unsere Richter / sprechen manchmal auch Unrecht / und unsere Polizei ist oft brutal / und gleiches Recht für alle ist selten / und außerdem gibt es / politische Prozesse / und auch sonst noch einiges / was nicht leicht zu rechtfertigen ist / Und manche Gefängnisse / und Heil- und Pflegeanstalten / und Kranken- und Waisenhäuser / und Jugend- und Altersheime / sind nicht so wie sie sein sollten - / und Arbeiter werden / immer noch ausgebeutet / Und ob wir uns immer / nach dem Willen des Volkes richten / und ob das Volk / gut genug informiert wird / und wie weit man wirklich / sagen kann ,hier herrscht Freiheit' ist zweifelhaft" // Ein Land / in dem behördliche Sprecher / so etwas sagen / und zum Zweifel auffordern / wäre ganz ohne Zweifel / das Land meiner Träume / das ich liebe / und in dem ich wohnen will Folgt man beim Lesen der Bodenbeschriftung, wird im neueren Teil der Passage der zweite Leuchtkasten sichtbar. Über einem Foto, das mehrere behelmte Polizisten zeigt, die offensichtlich einen Demonstranten zu Boden gestoßen haben, wurde ein Ausschnitt aus Frieds Gedicht "Zur Kenntlichkeit" (1975-1977) gesetzt: Ist eine Demokratie / in der man nicht sagen darf / daß sie keine / wirkliche Demokratie ist / wirklich eine / wirkliche Demokratie? Die Erich Fried Passage beim Koloman-Wallisch-Platz in Kapfenberg ist ab 20.11.2002 permanent öffentlich zugänglich. E n g l i s h: ERICH FRIED PASSAGE IN KAPFENBERG A theme-specific permanent installation by Oliver Ressler After an invited competition, Oliver Ressler and Martin Schmidl were selected by the city of Kapfenberg (A) to carry out two installations dedicated to the author Erich Fried (1921 - 1988). Fried's political poems and love poems make him one of the most significant and active German speaking authors of his times. Oliver Ressler's installation consists of two 1.5 x 1.5 m light boxes and a 46 m long floor text in the center of Kapfenberg. The text/image montages in the two light boxes combine thematic and associative text excerpts from Erich Fried's literary work with photographs and a drawing from his estate. The selected texts are concerned with the capitalist system, possible alternatives, and with socialism and issues of democracy. This thematic concentration forms the connecting link between the political position and literature of Fried and the history and present life in the Upper Styrian industrial town of Kapfenberg. The light box, installed in the old town passageway directly adjacent to the main square that was named for the resistance fighter Koloman Wallisch focusses on Fried's views of socialism and the worker's struggle based on excerpts from the text "Die Arbeiterbewegung als kulturelle Kraft" (The labor movement as cultural power) from 1987. The text states: "In an era of steadily growing multinational capitalist weavings, we can, for example, think of new concepts of socialism that don't eliminate capitalism, that replace class struggle with social partnership. What we can't do is believe in such a maneuver deep inside." The light box as an advertising medium is a reference to the continued relevance of Fried's judgement. Proceeding from this light box, in the passageway where the entrances to the offices of Kapfenberg's municipal authorities can be found, are the following texts from Erich Fried displayed in a 46 m long and 17 cm wide white and black floor graphic: A land in which / official spokespersons declare: / "our judges / say unjust things at times / and our police are often brutal / and equal rights for all are seldom / and besides that there are / political trials / and also a few other things / that are not so easy to justify / And some prisons / and mental hospitals and nursing homes / and hospitals and orphanages / and youth and old age homes / are not as good as they should be / and workers are / still being exploited / And it is doubtful that we always / judge according to the will of the people / and the people / are informed well enough / and it is really possible / to say 'freedom reigns here' // A land / in which official spokespersons / say things like that / and cast doubts / would undoubtedly / be the land of my dreams / that I love / and in which I want to live By following and reading the floor text on the ground, the second light box becomes visible in the new part of the passageway. Set above a photo that shows several police officers in helmets, who have obviously pushed a demonstrator to the ground, is an excerpt from Fried's poem "Zur Kenntlichkeit" (On recognisability) from 1975-1977: Is a democracy / where it is not permitted to say / that it is not / really a democracy / really a / real democracy? The Erich Fried Passage at Koloman-Wallisch-Platz in Kapfenberg opens to the public on 20 November 2002.