Florian Cramer on Sun, 2 Apr 2000 22:56:24 +0200 (CEST) |
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Re: [rohrpost] ECHELON vielleicht nichts dagegen |
Am Sun, 02.Apr.2000 um 16:54:50 +0200 schrieb dirk schroeder: > Die Liste liesse sich ja noch um andere > Reizwoerter ergaenzen. > Dann legen wir das Netz allein schon durch > die pure Datenmenge lahm und jede Ueber- > wachung haette ein Ende. Obwohl ich noch nichts über die programmiertechnischen Spezifika von Echelon gelesen habe, halte ich es für extrem unwahrscheinlich, daß es durch solche simple Überflutungs-Attacken außer Gefecht gesetzt werden kann. Die Auswertung von Abhörprotokollen bei der NSA und anderen Geheimdienste ist seit Jahrzehnten ein typisches Arbeitsgebiet der Computerlinguistik. Die einschlägigen Jobs bilden einen Großteil des Arbeitsmarkts für Absolventen technisch-statistisch orientierter linguistischer Studiengänge. (Zu den weniger erfolgreichen Alltagsanwendungen computerlinguistischer Analyse gehören die Grammatikprüfungen von Word Perfect und Microsoft Word, für deren Programmierteams ich schon Stellenausschreibungen an schwarzen Brettern von Germanistik-Instituten gesehen habe.) Überwachungs- und Auswertungssysteme werden gewöhnlich so programmiert, daß sie nicht (bloß) auf einfache Stichwortkombinationen wie z.B. "chemical plant" + "Bagdad" + "shipping" reagieren - die kein professioneller Atomschmuggler in ein Fax oder eine E-Mail schreiben würde -, sondern durch statistische Wortanalyse Abweichungen vom normalen Sprachgebrauch bzw. abnormale Häufungen bestimmter Begriffsfelder registrieren, um so konspirative Operationen aufzudecken, deren Akteure sich mit Codewörtern verständigen. Eine professionelle "Jam Echelon"-Aktion müßte deshalb aus dezentral organisierten Pseudo-Konspirationen bestehen, die sich jeweils konsistent mit Pseudo-Codesprache verständigen und dazu (für Geheimdienste knackbare) kryptographische oder steganographische Methoden verwenden, z.B. 56bittige DES-Schlüssel, Hotmail-Adressen usw.. Um Profi-Analytiker in die Irre zu führen, müßten auch idiomatische und dialektale Färbungen der Kommunikation stimmig sein, also je nach Simulation 'authentischen' Business-Speak, US-rechtsradikale Paranoiasprache oder für kolumbianisches Spanisch charakteristische Abweichungen in der Grammatik verwenden. Davon, daß Systeme wie Echelon solche einprogrammierten Profile als Analyseraster verwenden und bei stimmigen Kombinationen ihre Operateure alarmieren, ist mit Sicherheit auszugehen. Florian (P.S.: Könnte dem Majordomo ein 'Reply-To' auf die Liste beigebogen werden?) -- Florian Cramer, PGP public key ID 6440BA05 <http://userpage.fu-berlin.de/~cantsin/index.cgi> please PGP-encrypt private mail ---------------------------------------------------------- # rohrpost -- deutschsprachige Mailingliste fuer Medien- und Netzkultur # Info: majordomo@mikrolisten.de; msg: info rohrpost # kommerzielle Verwertung nur mit Erlaubnis der AutorInnen # Entsubskribieren: majordomo@mikrolisten.de, msg: unsubscribe rohrpost # Kontakt: owner-rohrpost@mikrolisten.de -- http://www.mikro.org/rohrpost