schulze on Tue, 2 May 2000 12:35:30 +0200 (CEST)


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Re: [rohrpost] Warum es zuwenig interessante Netzdichtung gibt - Neun Thesen


hallo,

vielen Dank fuer die
Anregung dieser Diskussion
mit einem anregenden Text
Florian, aber:

ist das Projekt Netzdichtung
letzten endes nicht doch
die Bemuehung,
das Medium Literatur/Dichtung/Text
durch das derzeit noble Medium
zu adeln?

anstatt einfach aufzuhoeren
Literatur verfassen zu wollen
und einfach anzufangen,
sich in ganz anderen Kooperationen
zu engagieren?
(evtl. sogar mit Texten, Dichtung,
versgebundenen Erzaehlformen?)

Ist das, was im Netz mit literarischen
Schreibwesein passiert nicht einfach
etwas ganz anderes,
als was in Buchform zu kaufen ist,
auf Buchmessen vorgestellt,
mit Literaturpreisen gewuerdigt wird?

vgl. Hoerspiele, Film-Drehbuecher, CD-Roms,
Veranstaltungsreihen, Avantgarde-Gruppen,
Zeichnungen, Skulpturen und Installationen
von Schriftstellern & Dichtern:

die werden auch nicht als Literartur
beurteilt, sondern als Taetigkeit
eines Autors in einem anderen Medium!

*Oder wer wuerde heute umgekehrt
Peter Weibel als Dichter bezeichnen,
ihm einen Literaturpreis verleihen,
nur weil er in den 60er Jahren
mit konkreter Poesie angefangen hat?*

Ich wuerde, was Netzdichtung angeht,
fuer eine mutigere Eigenbestimmung,
eine literatur-unabhaengige Definition
dessen plaedieren,
was Autoren & Schreibende im Internet tun.

Vielleicht entdecken wir dann
ganz eigene Formen, die
die Literaturgeschichte
- wie sie bis heute fortgeschrieben wurde -
kaum brauchen?

(Klar, dass das uns
- ich bin auch so einer -
Literaturwissenschaftlern wehtun muss,
aber:
ein Schnitt und ein Sprung
macht den Kopf auch
wunderbar frei ... !)

In diesem Sinne

CU

Holger
 
 
 

Dr. Holger Schulze

Hochschule der Kuenste Berlin
// Die Zufallsgesellschaft

http://www.hdk-berlin.de/studium/gradukolleg/hschulze.html

coming soon:                    http://www.mitbringsel.org