schroeder on Tue, 2 May 2000 16:51:39 +0200 (CEST) |
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RE: [rohrpost] Warum es zuwenig interessante Netzdichtung gibt - Neun Thesen |
Hi, francis schrieb: > * also konkret standen da dann tatsächlich leute in kostümen im studio > rum und hampelten sich vor dem mikro eins ab, bis endlich jemand > bemerkte, daß man das heben des linken armes mit dem dem degen > schlichtweg nicht hören kann. Gern wuesste ich, wie jenes Genie hiess... 1917 kam Albrecht Thielke mit Tonaufnahmen von Bühnenstücken zu Hans Bredow, der damals zusammen mit Alexander Meissner versuchte, ein Radio-Unterhaltungs- programm für Frontsoldaten zu realisieren. Die Idee wurde zwar angenommen, es fand aber keine Ausstrahlung dieser Aufnahmen statt. Da es sich um echte Auffuehrungen vor Publikum gehandelt hatte, waren die Schauspieler natuerlich kostuemiert - nur von Radio wussten sie gar nichts. Die Lesungen, die Bredow und Meissner schliesslich tatsaechlich senden konnten, wurden nicht im Kostuem aufgezeichnet. Weitere Versuche von Telefunken (kurz nach dem Krieg) mit dem "Funkdrama" wurden aber Berichten Gustav Schroeders zufolge gar nicht von Schauspielern gesprochen, sondern von Ingenieuren und Schreibkraeften. Im Katalog zur 75-Jahr-Feier (1997) der BBC finden sich zwar Fotos von fruehen Hoerspielaufnahmen, aber keine im Kostuem. Auch Reinhard Doehl, der hier http://www.uni-stuttgart.de/ndl1/bedingun.htm (Nichtliterarische Bedingungen des Hörspiels) auf die Anfanege ab 1923 eingeht, weiss ebenfalls nichts von solchem Ulk, sondern sieht die Hoerspielanfaenge sogar als besonders schauspielfern. 1924 fand unter der Regie von Regie Max Reinhardt eine Auffuehrung von "Wallensteins Lager" im Berliner Funkhaus statt, die auch gesendet wurden ist. Die Schauspieler traten in vollem Kostuem auf. Aber auch hier war der Grund recht einfach: es war Publikum im Saal, u.a. recht viel Prominenz. Von dieser einen Auffuehrung scheint mir die Anekodote her zu stammen (die recht oft zu lesen ist). Die Nicht-Sichtbarkeit der Figuren wurde aber schon einige Monate vorher in dem Hoerspiel "A comedy of danger" geradezu thematisiert, dessen Handlung naemlich in einem stockfinsteren Bergwerk angesiedelt ist. Ab jetzt, in Deutschland spaetestens ab 1925, als Radio- Profi Bredow Leiter der neuen Reichs-Rundfunk-Gesellschaft wird, kann von solchen Naivitaeten nicht mehr die Rede sein. Hermann Pongs schrieb dazu bereits 1930: "eine schöne Legende, aber kaum mehr". ciao, dirk -- dirk schroeder - PGP public key id 149E7005 http://www.textgalerie.de/ http://literatur.lake.de/ http://www.mikro.org/rohrpost ---------------------------------------------------------- # rohrpost -- deutschsprachige Mailingliste fuer Medien- und Netzkultur # Info: majordomo@mikrolisten.de; msg: info rohrpost # kommerzielle Verwertung nur mit Erlaubnis der AutorInnen # Entsubskribieren: majordomo@mikrolisten.de, msg: unsubscribe rohrpost # Kontakt: owner-rohrpost@mikrolisten.de -- http://www.mikro.org/rohrpost