francis on Tue, 16 May 2000 19:31:33 +0200 (CEST)


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Re: [rohrpost] ausstellung über netzkunst


Liebe Anne


eigentlich wollte ich sofort sehr böse antworten, zum glück hat das dann mein
Aufenthalt in Ljubljana beim break21-festival (http://www.break21.com)
verhindert. letztenendes kann ich mich dem, was Axel und Harald Hillgaertner
geschrieben haben nur vorbehaltlos anschließen. In Ljubljana bin ich mit
einigen anderen netzkünstlern (Zero&One (http://www.0100101110101101.org/) ,
Jaka Zelesnikar (http://kid.kibla.org/~jaka/), Olivier Auber
(http://www.infres.enst.fr/~auber/) zusammengetroffen und wir haben einige
sehr intensive tage miteinander verbracht und diskutiert.

Eines der haupthemen war, wie man netzkunst präsentieren und ausstellen kann,
da wir uns selbst in dieser unzufriedenen situation befanden. Es gab einige
aufgebaute terminals, die  allerdings tatsächlich zum allgemeinen surfen
benutzt wurden. Das finden wir allerdings einmütig okay, das netz ist ein
netz. im prinzip befinden wir uns mit einer website in einer ständigen
"ausstellung", wobei der ort allerdings derart dezentral ist, daß noch
weniger (zufällige) besucherInnen als in einer galerie vorbeikommen. zero&one
betonen ja in ihrer eigenen vorgehensweise ausdrücklich die kopierbarkeit von
net.art und die verabscheidung vom künstlergenius. es macht also keinen sinn,
netzkunst in den rahmen einer white-cube ausstellung pressen zu wollen.

olivier auber schafft in seiner arbeit einen rahmen, in dem andere menschen
per netz interagieren können. die logischste art der präsentation war,
einfach gemeinsam an den zur verfügung stehenden terminals zu einem
bestimmten zeitpunkt das kunstwerk zu benutzen und dazu auch im netz
einzuladen. das hat dann auch zu einer regen teilnahme geführt.

zero&one und ich (http://www.hgb-leipzig.de/~francis/f0rwardpunk/1.htm) haben
unsere arbeiten im vortrag vorgestellt, was dann zu entsprechender diskussion
führte. mein f0rwardpunk z.B. exisitert nur als dokumentation im www, da die
eigentliche arbeit auf  e-mail basiert und nicht sichtbar ist. zero&one's
vorgehen ist teilweise sehr propagandistisch, allerdings erreichen sie damit
auch eine größere öffentlichkeit (stichpunkte: kommunikationsgeruillia,
luther blisset, infiltrieren von anderen medien[zeitung])



ich möchte noch einige andere erfahrungen mit dem ausstellen von netzkunst
anreissen. da ist zum einen die documetaX, auf der die arbeiten offline und
somit teilweise nicht mal funktionierend gezeigt wurden. über die
vorgehensweise, der werkleitzbiennale (realwork), die arbeiten auf den
kulturserver.de verlagern zu wollen, gab es ja in [rohrpost] einige
anmerkungen. desweiteren möchte ich an das paradebeispiel der netcondition am
zkm im letzten jahr erinnern:

da gab es einige freie terminals und ansonsten wurden die projekte einzeln
jeweils ein pro terminal präsentiert. dabei war der browser festgenagelt und
die oberen bedienleisten ausgeblendet. somit wurde der netzkunst gleich
zweimal der kontext (visuell + ideologisch) geraubt. net.art sieht man nun
mal normalerweise im fenster, mit all den farbigen buttons, und im netz, mit
all den möglchkeiten im nächsten moment schon bei pro7.de zu landen.

am interessantesten, war da noch die lounge, in deren rahmen verschieden
künstlerInnen/aktivistInnen/gruppen eingeladen wurden, um workshops, bzw
präsentationen durchzuführen. doku:
http://on1.zkm.de/netCondition.root/netcondition/thelounge/default [speziell
über net.condition müßte mensch mal länger, eventuell auch face2face
sprechen.]


insgesamt sieht es so aus, daß "netz.kunst ausstellen" bisher nur
unzureichend reflektiert ist und dringend eines profunden diskurses bedarf.
im moment würde ich Dir Sandra für die berliner situation eine
paneldiskussion/präsentation vorschlagen, auf der die künstlerInnen selbst
anwesend sind.


sorry, das sind alles sehr unsortierte gedanken. es wäre gut, wenn die
theoretiker unter uns mal eine themenspezifische url-sammlung bereitstellen.

liebe grüße

francis


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