sascha brossmann on 16 Mar 2001 13:02:55 -0000


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[rohrpost] Re: unser P.S. zum Thema Verschenken


[und vom privaten gleich wieder zurück in die öffentlichkeit]

liebe ruine der künste,

anscheinend lesen sie leider meine post nur flüchtig und oberflächlich,
anders kann ich mir die aus ihren zeilen sprechende überspanntheit nicht
erklären.

ich habe meine eher geringe aufregung über den inkompetenten und dummen
zeit-artikel wohl kaum auf ihrem rücken ausgelassen. dafür interessiert mich
letztlich dieses sprachrohr in verwesung begriffener kulturbürgerlichkeit wieder
zu wenig. dafür laufen auch einfach zu viele dieser "meinungsschwachmatiker"
(danke, pit) durch die gegend und erhalten ihre 5 min. aufmerksamkeit - ein
phänomen, das leider nicht erst seit gestern existiert.

à propos aufmerksamkeit: ich habe nichts gegen wolf kahlen, aber ich muss
auch nicht zu jedem x-beliebigen thema lesen, dass es auch wolf kahlen gibt und
dass eine seiner arbeiten im netz existiert. da gibt's leute, die machen
mehr und lassen weniger darüber reden.

es tut mir im übrigen leid, dass sie keine zuwendungen der öffentlichen hand
erhalten. sie ärmsten! nehmen sie's nicht so schwer. alle menschen sollten
mehr geld vom staat erhalten. oder alle staaten weniger mensch erhalten. oder
mehr menschen sich des staats enthalten. oder...

allerdings wurde dieses thema von mir nie auch nur entfernt angeschnitten.
ich sprach von _symbolischem kapital_ und von _privilegien_ des schenkenden -
nicht von geld oder gar geldgier. lt. biografie ist wolf kahlen als professor
an der tu berlin, fb architektur tätig. nicht gerade eine position, die ich
als unterprivilegiert oder arm an symbolischem kapital betrachten würde. 

zum begriff des schenkens/des geschenks empfehle ich ansonsten vor weiterer
zur schau gestellter weinerlichkeit die lektüre der einschlägigen literatur -
z.b marcel mauss: "die gabe" - wenigstens in auszügen. betrachten sie's als
geschenk. ;-)

herzliche grüsse

brsma e.v. nutz-los

> Lieber Sascha Brossmann,
> zum Ihrem P.S. müssen wir doch auch noch mal was nachträglich anmerken:
> Wir geben zu bedenken, dass Schenken zwar als Basis hat, dass der
> Schenkende
> das hat, was der Andere nicht hat, aber das heisst noch lange nicht, dass
> der Schenkende Überfluss daran hat oder überhaupt im Überfluss lebt. Das
> denken zwar viele, aber es gibt auch Schenkende, die etwas geben, was
> ihnen
> selbst wert ist und manchmal sogar auch notwendig für sie, also solche,
> die
> aus vollem Herzen schenken. Manchmal auch an Unwürdige, aber wie soll man
> das wissen. Merkwürdigerweise gehören wirkliche Künstler zu diesen
> Obsessionierten, die aus vollem Herzen schenken.
> Das muss und darf doch mal in die Geldgierdebatten geworfen werden?!
> Na, waren Sie mal bei uns oder haben erkannt, dass die Ruine der Künste
> Berlin so ein Ort privaten Verschenkens ist, seit 15 Jahren übrigens ohne
> dass wir das gross herumposaunen. Wir bekommen keinen Pfennig von der
> öffentlichen Hand, im Gegenteil zahlen noch viel fürs Grundstück, das wir
> selbst bebaut haben, an den Staat.
> Bitte vermischen Sie nicht Ihre wohl gerechtfertigte Aufregung über den
> Zeit-Artikel mit uns.
> Gruss Berbara Helke
> RUINE DER KUENSTE BERLIN e.V. gemeinnützig

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er denkt nach // welche dinge stiehlt er aus der welt, welche 
gegenstände verändert er in seinen tropfen hinein, mit welchem 
plunder balsamiert er seine wahrnehmung? - oswald wiener

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