ritchie on 17 Jun 2001 20:28:09 -0000


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[rohrpost] Napster & Co


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Hi,

erscheint im Sommer in unserem Musikmagazin
"the gap" - fyi,

liebe grüße,
ritchie
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Musik im Internet - ein Update


An all die Sauger und Napsteranten da draußen: es hat sich einiges
getan in den letzten Wochen und Monaten. Das Musik aus dem Internet
und mp3 als der Todesstoß der Musikindustrie geriet im Kontext der
wunderbaren No Angels Inszentierung ins Hintertreffen,
Zensurphantasien von meterdicken Weißwurst-Firewalls rund um
Deutschland, durch die sich feindliche Hacker erst einmal fressen
müssen, sind ausgeträumt, und in die weltweite Jukebox Peer-2-Peer
fräst der Mechaniker gerade einen Schlitz für den Münzeinwurf.

Aber trotz all der Kontrolltechnologien zeigen die in Napster
eingebauten Filter vor allem eines: zielgerichtete Communities
verbindet wenig mehr als die Benutzung einer gemeinsamen Technologie
und der Wechsel zu einer anderen Plattform geschieht fast in Echtzeit.
Eine lang gehegte Hoffnung von Bertelsmann schmilzt wie Butter im
Strahl der Laserkanone: nein, man wird keinesfalls den Großteil der
User behalten und motivieren können zu bezahlen. Der wirtschaftliche
Wert von Napster besteht also höchstens in der Technologie, und da
dieses P2P-Protokoll im Kontext der sich abzeichnenden, an die
"intelligente Schibindung" der 80er Jahre gemahnenden Sukzessoren wie
Gnutella oder Morpheus in etwa so ferrarihaft erscheint wie ein 286er
neben einem Pentium 3, haben die Bertelsmänner nachträglich nichts
weiter getan, als nachträglich ein fettes Jahr MP3-Tausch zu
finanzieren. Daher an dieser Stelle: ein herzliches Dankeschön!

Vielleicht haben die Napster-User aber auch nur heiligen Zorn ob der
Ungerechtigkeit der Welt verspürt: denn um die Filter zu schärfen,
benutzt die Firma unter anderem Einträge aus der CDDB-Datenbank. Die
wiederum wurde in mühsamer Kleinarbeit über Jahre hinweg im
wesentlichen von den gleichen Usern mit Songtiteln und Künstlernamen
befüllt, gegen welche sie nun eingesetzt wird. Da ist es verständlich,
dass den derzeit vielversprechendsten Alternativen WinMX und Morpheus
die Freunde der Musik in Scharen zuströmen. Während ersteres ein
kombinierter Client mit einerseits eigener P2P-Struktur ohne
zwischengeschaltene Server und andererseits Zugriff auf Open-Nap Netze
ist, geht der Gott des Schlafes völlig eigene Wege - und die sind
nicht gerade die geradesten.

Who the fuck ist Musiccity - fragte sich viele, die sich darüber
wunderten, warum ein kommerzieller Anbieter einen immensen Aufwand mit
eigenen Opennap-Servern betreibt. Das Rätsel ist mittlerweile
gelüftet: die Musiccity-Server sind die sogenannten Super-Nodes des
Morpheus-Netzwerks. Morpheus ist technisch ziemlich gut durchdachtes
P2P-Protokoll, das den Austausch beliebiger Multimedia-Dateien
erlaubt. Die flexible Struktur ermöglicht schnelle und relativ
zuverlässige Downloads, durch die dedizierte Hardware funktioniert
sogar die webbasierte Suche mit annehmbarer Geschwindigkeit. Ach ja,
die Supernodes: dort will Musiccity in Zukunft Speicherplatz
"vermieten" - und so der Musikindustrie die Chance geben, neue Bands
gezielt zu promoten. Die Zukunft wird zeigen, ob sich dafür Kunden
finden. Bis dahin findet man über Morpheus, ein wenig Geduld beim
Log-In vorausgesetzt, (fast) alles, was das Napster-Herz begehrt, und
die Community wächst täglich.

Erwähnt werden sollen der Vollständigkeit halber auch Gnutella (immer
noch instabil), Limewire und Bearshare (Gnutella-Clients der 2.
Generation, recht stabil, aber derzeit noch kleine Community) und das
völlig webbasierte Audiogalaxy, das sich zur ersten Adresse für
ftp-Downloads gemausert hat. Die Angst vor einer allzu ruhigen Zukunft
ist angesichts der Versorgungslage also völlig unbegründet. Ein
einziges System, das so viele User vereint wie Napster, wird es so
schnell zwar nicht mehr geben - aber die Aufteilung in verschiedene
Communities bringt die Vorteile des Wettbewerbs und somit immer
leistungsfähigere Clients mit sich. Außerdem sind zehn Feinde
schwieriger zu bekämpfen als einer, und wie die diversen
Gerichtsprozesse gegen Napster gezeigt haben, führen schon kleinste
technische Unterschiede im Aufbau des Netzwerks zu völlig anderen
Rechtslagen, und die bedingen wiederum umfangreiche Recherchen,
Expertengutachten, neue Gerichtsprozesse, also vor allem Zeit - die
nutzen wir inzwischen zum komplettieren unserer MP3-Sammlungen.
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