mv on 12 Sep 2001 04:07:35 -0000 |
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[rohrpost] Die Nachrichten |
Die Nachrichten Zu Beginn der Ausschusssitzung wurde zunächst gar nicht nach den Flügen gefragt, sondern nach dem Mazedonieneinsatz. Jetzt kocht die Gerüchteküche über. Es hat eine Stunde gedauert, doch nun brodelt es in den Newsgroups. "Das deutsche Volk steht in dieser schweren Stunde an der Seite der Vereinigten Staaten von Amerika", schrieb Schröder. Zahlreiche Diskutanten rufen nach Krieg. Man wisse zwar nicht, wer die Täter seien, aber das Attentat hätte die USA als Freunde Israels getroffen, wurde argumentiert. Nur Hollywood wusste es besser, seine Produzenten, seine Drehbuchautoren. "Die Freiheit selbst wurde heute Morgen von einem gesichtslosen Feigling angegriffen, und die Freiheit wird verteidigt werden." Vor laufenden Fernsehkameras, vor den Augen von vielen hundert Millionen Menschen, hat eine ungeheuerliche und extrem skrupellose Terrororganisation die Supermacht USA direkt und in ihrem Herzen angegriffen. "Diese barbarischen Akte stellen eine nicht zu tolerierende Aggression gegen die Demokratie dar und unterstreichen die Notwendigkeit, dass die internationale Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten der Allianz ihre Kräfte vereinigen, um die Geissel des Terrorismus zu bekämpfen." Sprecher Rainer Küppers sagte am Dienstag in München, die Schadenslast der Anschlagswelle in den USA könne für die Münchener Rück erheblich sein. Er hatte das Geschehen am Fernsehbildschirm verfolgt. Lichtblick: Die OPEC verspricht stabile Ölpreise. Im Libanon schossen radikale Palästinenser dagegen Freudensalven in die Luft. Die Eröffnung des Jüdischen Museums sollte jedoch wie geplant am Abend stattfinden. Für die zigtausend Mitarbeiter der zahlreichen amerikanischen Sicherheitsdienste hat sich etwas ereignet, das in ihren Augen eigentlich völlig unmöglich war. Die Webcams sind offline, die Chaträume leer. Auch AmyKathren hat nur den Fernseher, das Radio. "Das Pentagon soll brennen", sagt sie. "Welches Volk auch immer dafür verantwortlich ist", schreibt ein Diskutant, "sollte in Grund und Boden gebombt werden!" Die Frage, welche fanatischen Hirne hinter dieser barbarischen Terrorwelle stecken, ist noch nicht beantwortet. "Es besteht kein Zweifel daran: Die Vereinigten Staaten werden die, die für diese feigen Taten verantwortlich sind, zur Strecke bringen und bestrafen." Doch noch ist nicht klar, ob die USA zurückschlagen werden - und gegen wen. Wahrscheinlich haben sie das, wenn diese Zeitung ausgeliefert ist, bereits getan. Der Vergeltungsschlag kann schon bald beginnen. Auch der ehemalige US-Aussenminister Henry Kissinger forderte während seines Berlin-Besuchs eine konsequente Vergeltungsaktion. Er sei bei seinem Besuch in Mazedonien am 30. August von Journalisten mit Pressemeldungen konfrontiert worden, in denen bereits der Weg der Soldaten nach Mazedonien geschildert worden sei. Die Pressekonferenz erfolgte auch vor dem Hintergrund, dass Afghanistan fürchtet, Ziel eines schnellen US-Vergeltungsschlags zu werden. Auch die ägyptische Regierungszeitung "El Ahram" mahnte Ende August, dass der israelisch-arabische Konflikt zu einem "umfassenden und gefährlicheren US-arabischen Konflikt" geworden sei. "Es ist Zeit, die Palästinenser aus Jerusalem herauszuwerfen. Sofort." Schreibt einer - und fällt damit als moderate Stimme auf. Der französische Präsident Jacques Chirac hielt am Abend eine kurze Fernsehansprache, um Ängste zu beruhigen. "Ich gebe alle Auskünfte, um die man mich bittet." Vor wenigen Minuten noch habe er mit einer Frau gesprochen, die den Einschlag des zweiten Flugzeuges habe sehen können. "Gott segne Amerika." Ein Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Aussenwirtschaft der Deutschen Wirtschaft sagte, drei deutsche Firmen seien in den beiden Bürotürmen untergebracht gewesen. Die Namen der Firmen würden aber zunächst nicht bekannt gegeben. "Ein Land, dass diesen Schurken Unterschlupf gewährt, trägt auch einen entsprechenden Anteil an der Verantwortung." Verteidigungsminister Rudolf Scharping hat im Verteidigungsausschuss eine Liste seiner sämtlichen 349 Flugreisen seit seinem Amtsantritt vorgelegt. "Europäer, die USA und alle friedliebenden Menschen der Welt halten zusammen und verurteilen und widerstehen dem Terrorismus mit aller Kraft." Das Auswärtige Amt hat eine Hotline eingerichtet: 01888/174600. Der Euro stieg unmittelbar nach den Anschlägen zwischenzeitlich um bis zu einen Cent auf über 0,91 Dollar. "Hier geht das Menschliche vor", sagte der Sprecher. CDU und CSU sowie FDP und PDS hielten an ihren Forderungen fest, dass Scharping zurücktreten müsse. Die UNO und Holland mahnen dagegen vor Überreaktionen. Die Grenzen zu Ägypten und Jordanien wurden geschlossen. Die Staaten müssten zudem besser bei der Umsetzung von Anti-Terror-Verträgen kooperieren. Die London Stock Exchange wurde evakuiert, der Handel aber fortgesetzt. Innensenator Ehrhart Körting wollte den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) und die Kabinettsmitglieder darüber informieren, wie die innere Sicherheit in der Stadt zu gewährleisten ist. Das Land müsse wachsam sein und ruhig die Lage erörtern. Derweil tobt in den Newsrooms der Ruf nach Rache. "Unsere Armee zu Hause und in der ganzen Welt steht in hoher Alarmbereitschaft, und wir haben die nötigen Sicherheitsmassnahmen getroffen, um die weitere Funktionsfähigkeit Ihrer Regierung sicher zu stellen." So habe Paris Massnahmen ergriffen, die die Sicherheit in Frankreich erhöhen sollen. "Die Entschlossenheit unserer grossen Nation wird geprüft." Um Hunderte Passagiere einfach und bequem von einem Ort zum anderen zu transportieren, benötigt ein Flugzeug gewaltige Mengen Energie. Unmittelbar nach den Terroranschlägen auf das WTC und Regierungsgebäude war der Ölpreis um bis zu 4 US-Dollar auf 31 Dollar je Barrel (159 Liter) in die Höhe geschossen. Sie sind Anschläge auf die eine, freie und offene Welt. Bei der Bundeswehr wurden zunächst keine Sondermassnahmen ergriffen. Rühe habe binnen 18 Monaten die Flugbereitschaft für 361 Flüge in Anspruch genommen. Dies mache im kommenden Jahr zwei Milliarden Mark aus, sagte Eichel. Er könne nicht ausschliessen, dass die umliegenden Strassen im beliebten Szeneviertel am Abend gesperrt werden. Alle Flüge Richtung USA wurden zurückbeordert oder umgeleitet. Die Zwillingstürme des World Trade Center, in denen täglich 40.000 Menschen arbeiten, gingen nach den schweren Explosionen in Flammen auf. Die Münchener Rückversicherung ist an der Feuerversicherung des World Trade Centers beteiligt. 50 000 Menschen sollen im World Trade Center arbeiten. Sie richten sich gegen eine Welt, in der man zwar in dem einen oder anderen Fall einander übers Ohr haut, sich aber nicht die Schädel einschlägt. Israels Ministerpräsident Sharon forderte in einem Interview Reaktionen, "die genauso radikal sind, wie diese Teufel es selbst gewesen sind." Es gehe nicht um einzelne Flüge, sondern um das Gesamtbild. Die Sicht in New York war vollkommen klar, und die Zone im Süden Manhattans war nicht für Flüge zugelassen. Nur wenig später fiel auch der zweite Turm in sich zusammen. Am 11. September 2001 wurde der Kampf gegen den internationalen Terrorismus und gegen die, die ihn unterstützen oder auch nur nicht bereit sind, den Kampf gegen ihn zu unterstützen, auf Platz Eins der Agenda der Weltpolitik gesetzt. Kuriosum: Euro stieg als Terrorfolge. Ein amerikanischer Albtraum ist wahr geworden. [Eine Montage aus Beiträgen in Spiegel online, BerlinOnline, SZ online vom 11./12.09.2001] http://www.woerterberg.de/archiv/2001_09_09_index.html#5628592 ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de