Gerrit Gohlke on Sat, 13 Oct 2001 19:56:35 +0200 (CEST) |
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Re: [rohrpost] PWC: Praktikumsplatz |
Matze Schmidt schrieb: > > Wir bieten gute Bezahlung und Empowerment und erwarten bei > festen Arbeitszeiten gute Kontakte bei der Arbeit > mit internationalen KünstlerInnen und KunstvermittlerInnen usw. ;-) Eine schöne Beschreibung des Idealfalls, vielleicht bewerbe ich mich, besonders die Arbeit mit den KunstvermittlerInnen wird mir Spaß machen... Um aber noch ein Wort zur hohlen Ausbeutung durch unseriöse Kunstspelunken zu sagen: Das PWC Projekt ist ein Feierabendprojekt. Es wird von ein paar inbrünstig eifrigen Kulturaktivisten gemacht, die zunächst einmal nur sich selbst ausbeuten. Die Idee des Projekts (neue Rezeptionsbedingungen ausprobieren, realräumliche Interaktion schaffen, aktuelle Tendenzen im Ausstellungsbetrieb zuspitzen und augenfällig machen) war ebenso spontan wie vollständig unfinanziert. Alle drei Initiatoren zahlen deshalb die Projektkosten bislang aus der eigenenm ganz privaten Tasche, um auszuprobieren, ob die Idee funktioniert. Ichkenne viele Projekte, die so beginnen und erstaunlich lange so arbeiten. Sie sind gerade in Berlins auf-, d.h. zum Markt strebender Kulturlandschaft ausgesprochen nützlich. Man nehme nur ein publizistisches Projekt wie die Berliner Gazette, der Beispiele sind aber viele. Immer das gleiche Prinzip: Irgendwer sponsort einen Raum, einen Server, etc. Der Rest ist Feierabendaktivismus. Seit 10 Jahren speist sich ein großer Teil der interessanteren Berliner Kunstszene aus diesem temporären Privatinterventionismus - erstens, damit überhaupt etwas passiert, zweitens um eine gewisse Unabhängigkeit auszukosten, drittens weil Berlin bislang eine Plattform zur Koordination solcher Vorhaben fehlt (was sich bald ändern könnte). Natürlich wäre die Institutionalisierung und finanzielle Sättigung solcher privat gegründeten Projekte besser für die Altersversorgung und die Arbeitsbedingungen ihrer Teilnehmer. Betrachtet man aber laufende Kulturhaushalte, das Versiegen von Quersubventionen aus der siechen New Economy und den auffälligen Mangel an mäzenatischem Engagement in Berlin, ist eine Verbesserung nicht zu erwarten. Es wird also weiter unterfinanzierte Projekte und Spontangründungen von Initiativen geben. Berücksichtigt man nun, daß es kaum eine Kulturinstitution in Berlin gibt, die in ihrer Arbeit ohne Hospitanzen und Praktika auskommt, fragt man sich verblüfft, weshalb ein unabhängiges temporäres Kunstprojekt kein Praktikum anbieten soll.Anders als bei manchem Internship in der freien Wirtschaft, wird im latent anarchischen PWC-Projekt von vornherein ganz klar gemacht, worauf man sich einläßt. Und anders als bei mancher Hospitanz in einer Großinstitution hat man als Praktikant ein paar Einwirkungsmöglichkeiten aufs Projekt. So what? Beste Grüße Gerrit ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de