Florian Cramer on Fri, 15 Mar 2002 14:24:04 +0100 (CET) |
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[rohrpost] Das Betriebssystem Kunst hacken - Interview mit Cornelia Sollfrank [1/2] |
[Dies ist die weitgehend ungekürzte deutsche Fassung des Interviews; Teil 1 von 2, Copyleft- und Publikations Vermerk am Ende von Teil 2. -FC] Das Betriebssystem Kunst hacken Cornelia Sollfrank interviewt von Florian Cramer, 28.12.2001, am Rande des Chaos Communication Congress in Berlin FC: Ich habe Fragen zu verschiedenen Themenkomplexen, die in Deiner Arbeit immer wieder aufeinander bezogen zu sein scheinen: Hacken und Kunst, computergenerierte bzw. generative Kunst, Cyberfeminismus, Fragen, die Deine neue Arbeit 'Improved Tele-vision' aufwirft, schliesslich der Komplex Plagiate und Appropriationen - sowie, vielleicht als Anhängsel daran, Kunst und Code, Codekunst und Codeästhetik... CS: Codekunst und Codeästhetik gehört ja eher zu Deinen Themen. Da stelle ich dann besser die Fragen ;-) FC: ...nein, das bezieht sich sehr konkret auf Äusserungen von Dir, zum Beispiel auf Dein 'Telepolis'-Interview mit 0100101110111001.org, das ich sehr gut fand wegen seines skeptischen Untertons. - Wenn das eher mein Interesse ist, können wir es aber gerne ausklammern. CS: Nein, nein, so war das nicht gemeint, ganz im Gegenteil. Aber das Interessante und Schwierige sind ja die Beziehungen zwischen diesen Komplexen, und damit hadere ich oft. Vieles scheint einfach parallel zu laufen, bzw. begibt man sich für bestimmte Zeit mehr in den einen Bereich, dann wieder in den anderen. Dabei im Blick zu behalten, wie die Aktivitäten zusammenhängen ist nicht einfach. FC: Wenn ich Deine Arbeit betrachte, fällt mir auf, dass Du einerseits eine sehr wichtige Netzkünstlerin bist, andererseits - was aber eng damit verbunden zu sein scheint - auch als kritische Journalistin, unter anderem für 'Telepolis', arbeitest. Du hast viel geschrieben über Hackerkulturen, z.B. über einen italienischen Hackerkongress, und ein Interview mit dem Chaos-Computer-Club-Sprecher Andy Müller-Maguhn über die europäische 'Cybercrime Convention' geführt. Stimmt meine Annahme, dass Du immer, wenn Du über Hacking schreibst, auch ein Interesse, ein ästhetisches Interesse an Netzkunst verfolgst, und dass umgekehrt auch dann, wenn Du über Netzkunst schreibst, Dich interessiert, inwiefern sie in Richtung Computer-Hacking tendiert? <Looking at your work, it strikes me that you are an important net artist on the hand and work as a critical journalist - for 'Telepolis' amongst others - on the other, with the latter seeming to be closely related to the former. You frequently wrote about hacker cultures; for example, you reported about an Italian hacker convention, and you interviewed Chaos Computer Club spokesman Andy Müller-Maguhn about the European Cyber Crime Convention. Am I right supposing that whenever you write on hacking, you simultaneously articulate your aesthetic interest in net art - and that, vice versa, whenever you write on net art, you investigate to which extend it tends towards computer hacking?> CS: Ich identifiziere mich zu allererst als Künstlerin, und das ist auch mein Ausgangspunkt für alles andere; auch dafür in andere Rollen zu schlüpfen. Das Journalistinsein ist eher ein Mittel zum Zweck, weil ich als Journalistin Informationen erhalte, die ich als Künstlerin nicht bekomme. Das heisst, ich instrumentalisiere diese Funktion, wie zum Beispiel auf der ars electronica 2001. Das Thema war 'Takeover', und ich war eingeladen worden, an dem Panel 'Female Takeover' mitzuwirken. Ein Interview, das ich für 'Telepolis' mit dem dem ars electronica-Leiter Gerfried Stocker führte, half mir, herausfinden, was er sich zu dem Thema dachte, wie das - etwas dürftige - Konzept zustande gekommen ist. Deshalb ist journalistisches Schreiben und Beobachten einfach integrativer Bestandteil meiner Kunst. Mein Produkt - ich weiss nicht, ob man es wirklich so nennen kann - ist letztendlich ein künstlerisches, oder, wie Du sagen würdest, ein ästhetisches. FC: Im Schlusssatz Deiner Rezension der ars electronica schreibst Du: "Vielleicht braucht die Kunst auch die ars electronica nicht mehr", ein Satz, der mir übrigens sehr sympathisch ist. (Lachen.) CS: Vielleicht ja doch. Es steht ja da: "vielleicht". (Lachen.) FC: Das Motto der Veranstaltung implizierte ja nicht, dass die Künste die Technik appropriieren, sondern dass umgekehrt die Techniker die Kunst übernehmen und die Künstler überflüssig werden. CS: Ich habe da noch ein anderes 'Takeover' gesehen. Stocker hat das verstanden als ein 'Takeover' von Leuten, die in der freien Wirtschaft arbeiten und quasi die Kunst übernehmen. Und zwar einfach deswegen, weil sie kreativer sind als die Künstler. Sein ganzer Kunstbegriff kreist nur um Kreativität; mehr scheint ihm zur Definition von Kunst nicht einzufallen. (Dabei ist Kreativität, wenn ich an dieser Stelle mal den Kollegen Merz zitieren darf, etwas für Friseure!) Gewiss war Stockers These auch gemeint als Provokation der Künstler, etwa nach dem Motto: Schaut Euch einmal an, was ihr für einen langweiligen Scheiss ihr macht im Gegensatz zu den jungen Super-Kids, die da in den Companies ganz lässig die geilen Sachen machen. Aber selbst das ist ja vielfältig interpretierbar. Man könnte ein ganzes Spektrum von 'Takeovers' aufmachen, so wie wir eben das 'Female Takeover' diskutiert und geprobt und haben. Ein Ergebnis unseres Panels war übrigens, der ars electronica das Konzept einer 'women only'-ars electronica zu unterbreiten, als ein Szenario. FC: Um noch einmal auf das Problem der Abgrenzung der Kontexte - wie Kunst und Nicht-Kunst, Kunst und Hacking - zurückzukommen: In Deinem Bericht über das italienische Hackertreffen fiel mir die Formulierung auf, dass Kunstbetrieb und Hackerszene gewöhnlicherweise voneinander getrennt sind, wenn auch dort in Italien nicht so rigoros. Dies schien mir eine soziologische Beobachtung zu sein, nicht aber eine These, die Du grundsätzlich vertrittst und erhärten willst. Ist also für Dich Hacken auch Kunst und hat vielleicht auch umgekehrt Kunst etwas mit Hacken zu tun? CS: Beides. Was die soziologischen Aussagen über Kunst und Hacking anbetrifft, so bin ich in den vier, fünf Jahren, seit denen ich mich mit Hacking beschäftige, immer mehr zu dem Ergebnis gekommen, dass Hackerkultur immer auch eine nationale... (lacht) Couleur zumindest hat. Deswegen ist es für mich interessant, in andere Länder zu gehen, und nach Italien besonders, weil es da anscheinend überhaupt keine Berührungsängste zwischen Künstlern, Aktivisiten, Philosophen etc. gibt. Sie koexistieren da sehr selbstverständlich, sprechen miteinander und finden dabei teilweise sogar eine Sprache, in der sie kommunizieren können (lacht), was ich aus Deutschland zum Beispiel nicht kenne. Als Künstlerin im Chaos Computer Club habe ich die schlimmsten Vorurteile, Beleidigungen und Beschimpfungen meines Lebens erlebt (leider). FC: Du sagst: im Chaos Computer Club als 'Künstlerin'. Was ist da entscheidend? 'Künstler' oder '-in'? CS: Beides. Hinsichtlich des Geschlechts gibt es eine prinzipielle Offenheit. Wenn man sich mit den gleichen Themen auf die gleiche Weise beschäftigt und dieselbe Sprache spricht, ist das kein Hindernis.(Lacht.) Da das aber selten der Fall ist, wird es doch zu einem. Das grössere Problem ist aber in der Tat die Kunst. Das hat mich total verblüfft. Ich habe ein nettes Gespräch auf irgendeiner Party des Chaos Computer Clubs, werde gefragt, was ich mache, und wenn ich sage, ich bin Künstlerin, kommt nur noch der Ausruf (mit kehliger Stimme:) "ICH HASSE KÜNSTLER!", und ich denke dann, oh, ist ja schade. Damit ist das Gespräch beendet, und es fällt mir ganz schwer, neue Anknüpfungspunkte zu suchen, dabeizubleiben und nachzufragen. Das hat sicher damit zu tun, dass Hacker von sich selbst denken, dass sie eigentlich Künstler seien -- und zwar die einzig wahren -- und dass die anderen nur Idioten sind und keine Ahnung haben (lacht). Zum anderen gibt es aus den Anfängen des Chaos Computer Club noch Verbindungen zur Kunst, zum Beispiel in Bielefeld, wo padeluun und Rena Tangens sich auch als Künstler und Galeristen verstehen - die aber nicht von allen im CCC gleichermass en geliebt und akzeptiert werden. FC: ...Felix von Leitner zum Beispiel, einer der computertechnisch versiertesten CCCler, lässt gerne seine Breitseiten gegen padeluun los... CS: Das hat im deutschen CCC auch mit der Person von padeluun zu tun, den viele einfach nicht ausstehen können. Er verkörpert für einige das, was sie an Kunst kennen, und damit ist das Thema abgehakt. FC: Ist das vielleicht nicht auch ein Problem mit dem Kunstbegriff, dass wir nämlich seit Mitte des 18. Jahrhunderts, spätestens seit der Romantik einen Begriff von Kunst haben, der nicht mehr auf die 'ars' abzielt, also auf die Fertigkeit, sondern auf das Genie und die ästhetische Anschauung? Wenn man jedoch Hacking als Kunst ansieht, hat dies nicht sehr viel zu tun mit diesem älteren Begriff der 'ars'? CS: Das kann aber auch mit einem neueren Kunstbegriff zu tun haben, wenn der vorhanden ist in den Köpfen der Leute. Für mich hat das weniger unmittelbar etwas mit Fertigkeiten zu tun, weil einer allein sowieso nicht die Fertigkeiten hat, um heutzutage etwas relevantes zu produzieren, sondern verschiedene Leute mit verschiedenen Fertigkeiten zusammenkommen müssen. In solch einen Verband würde ein klassischer Hacker gut hineinpassen. Es ist aber sehr schwierig, damit gerade in meiner deutschen Hackerkultur durchzudringen. Meine Arbeiten mit den women hackers kennst Du wahrscheinlich nicht? FC: Ich kenne ein Interview, das Du 1999 mit einer Hackerin ebenfalls auf einem Chaos Computer-Kongress geführt hast... CS: ...Clara S0pht... FC: ...genau. Und offenbar arbeitest Du an einer umfassenderen Videodokumentation zu dem Thema. CS: Ich mache eine 5teilige Serie. Auf Grund meiner Erfahrungen im CCC habe ich zielgerichtet recherchiert und versucht, Frauen zu finden, die sich selbst auch als Hackerinnen sehen. Neben Postings auf zahlreichen Mailinglisten und Newsgroups, hatte ich alle möglichen Experten befragt, wie Bruce Sterling, der sich mit seinem Sachbuch 'Hacker Crackdown' als Kenner der us-amerikanischen Szene einen Namen gemacht hat, oder eine us-amerikanische Hacker-Jägerin, Gail Thackeray, die Mitbegründerin der Computer Crime Unit der USA ist. Es gibt richtige Spezialisten, die die Szene sehr gut kennen, und alle haben mir bestätigt, dass es keine - technisch versierten - Frauen gibt. Dieses Ergebnis fand ich sehr deprimierend. In meiner Vorstellung gab es diese wilden Frauen, totale Nerds, exotisch, anarchistisch und gefährlich, mutig alle Grenzen und Normen zu überschreiten, psychopathisch, kriminell veranlagt, politisch motiviert, künstlerisch und so weiter; doch es gab sie einfach nicht. Da habe ich vom Journalisten-Recherche-Modus umgeschaltet auf den Künstler-Modus und gesagt, dass ich diese langweilige Realität etwas manipulieren muss. Und so habe ich zum Beispiel dieses Interview gemacht mit Clara S0pht, die es ja gar nicht gibt. (Lacht.) Ich habe eben angefangen, Hackerinnen zu erfinden. FC: Ach so! (Lacht.) Toll! CS: Die so entstandenen Videos habe ich zwar auch in der Kunstszene gezeigt, in der sie auch sehr beliebt sind, obwohl manchmal besonders findige Leute fragen, was sie eigentlich noch mit Kunst zu tun haben. Je nach Situation gebe ich dann preis, dass die Hackerinnen nicht existieren oder NOCH nicht. Noch lieber aber habe ich sie im Hacker-Kontext gezeigt. Zum Beispiel habe ich auf dem CCC-Kongress einen Vortrag über women hackers gehalten und das Interview mit Clara S0pht gezeigt. Es war relativ gut besucht, auch viele Männer waren da, die sich alles angesehen und mich dann beschimpft haben, weil ich die Privatsphäre von Clara S0pht nicht ordentlich geschützt hätte, wo sie doch ausdrücklich Angaben über ihre Person nicht veröffentlicht haben wollte. Am Ende der Veranstaltung erwähnte ich dann nebenbei, dass es die Frau nicht gibt, dass ich sie erfunden habe. Da sind schon einige Kiefer heruntergeklappt. Ganz unerwartet hatten sie Kunst erfahren, eine Kunst, die zu ihnen gekommen war, auf ihren Kongress und ihre Sprache spricht. Mich hat das sehr amüsiert. Mit so kleinen Dosen von 'Pädagogik' kann man eine Menge auslösen und sicher auch dem CCC zu einer Weiterentwicklung verhelfen. FC: Da wirst Du ja selbst auch zu einer Hackerin, nur in einem anderen System als dem der Computercodes. Du machst einen 'social hack'. CS: Sicher - Mein Lieblingshack im CCC betraf sogar die Website des Hackerclubs, die 'Lost & Found'-Seite, die ich nach jedem Kongress immer gerne studiere, weil ich es interessant finde, welche Sachen Hacker haben und vergessen. Ich habe das dann umgedreht. Als ich am Thema 'women hackers' gearbeitet habe, liess ich Sachen bewusst plaziert auf dem CCC-Kongress liegen, damit sie auf die 'Lost & Found'-Seite kommen, um dort eine Bewegung oder Umwälzung auszulösen. Und zwar habe ich Sachen, die nur Frauen normalerweise besitzen, da zurückgelassen. Das Hauptobjekt war ein kleines elektronisches Gerät mit einem Display und zwei Leuchten, mit dem Frauen ihre fruchtbaren Tage errechnen können. Das habe ich abgegeben bei 'Lost & Found' und behauptet, ich hätte es auf der Damentoilette gefunden. Fünf Hacker standen dann um dieses Gerät herum und haben es untersucht..., [Lachen] um herauszufinden, was es ist. Dieses ominöse Gerät wurde auch noch heftig diskutiert, bevor es schliesslich doch ganz gross auf der 'Lost & Found'-Seite abgebildet wurde. Das sind so meine kleinen Hacks im CCC - damals im Zuge des Spurenlegens von Hackerinnen und von Figuren, die es nicht gibt. FC: In den frühen Neunziger Jahren hat der Kunstkritiker Thomas Wulffen die Metapher vom 'Betriebssystem Kunst' geprägt. Kannst Du damit etwas anfangen? Oder findest Du das problematisch? Deine künstlerischen Hacks, über die wir gesprochen haben, setzen ja gar nicht unmittelbar auf der Betriebssystemebene der Kunst auf. CS: Ich kann sogar sehr viel damit anfangen, weil das, was mich am meisten interessiert an der Kunst, das Betriebssystem ist, die Parameter, die in ihm herrschen, wie sie sich verändern können und durch die Möglichkeiten neuer Medien auch verändern. Zum Betriebssystem Kunst gehört auch das Künsterbild, die Vorstellung eines künstlerischen Programmes, der Werkbegriff, bis hin zu den Interfaces - wer und was wird ausgestellt, und wer sieht sich das an. Dieses System ist eigentlich das, was mich an der Kunst am meisten interessiert. Und um intervenieren und damit spielen zu können, muss ich wissen, wie es funktioniert. FC: Aber ist es dann nicht schwierig, auch Netzkünstlerin zu sein? In meiner Wahrnehmung von Netzkunst hat mich am meisten verblüfft, wie sich ausgerechnet an ihr gezeigt hat, wie spiessig, reaktionär und ausschlussfreudig der zeitgenössische Kunstbetrieb tatsächlich ist, von dem man immer dachte, er sei der ästhetisch permissivste überhaupt. Am Beispiel Netzkunst hat man genau gesehen, wie in dem Moment, in dem keine Objekte mehr produziert wurden, die man hätte sinnvoll ausstellen können, sie durchs Raster fiel und nicht anerkannt wurde im Betriebssystem. Ich finde es immer noch erstaunlich, wie sehr Netzkunst damit zu kämpfen hat, in diesem Betrieb überhaupt ernstgenommen zu werden. Ist es dann nicht schwierig für Dich, als Künstlerin das Betriebssystem Kunst hacken zu wollen, dies aber als Netzkünstlerin zu tun? CS: Zunächst würde ich mich nicht ausschliesslich als Netzkünstlerin bezeichenen, sondern lieber als eine Art Konzeptkünstlerin. Ich finde das Netz zwar sehr interessant, und darin zu agieren, kommt mir sehr entgegen, aber, wie gesagt, arbeite ich auch mit Video, Text, Performance und was auch immer für ein bestimmtes Projekt adäquat ist. Dass Netzkunst nicht anerkannt wird im Kunstsystem und da Probleme hat, liegt meines Erachtens hauptsächlich daran, dass es keine Werke (/Objekte) gibt, die auf sinnvolle Weise den Besitzer wechseln können. Eine Kunst, die nicht marktkompatibel ist, ist kaum von Interesse, da letztendlich der Markt die treibende Kraft im Betreibssystem Kunst ist. Eine weitere Schwierigkeit ist die Ausstellbarkeit. Was rechtfertigt es, Netzkunst im 'white cube' zu zeigen? So müssen sich alle Ausstellungsmacher fragen: Wieso sollen wir Netzkunst eigentlich hier, in unserem Museum zeigen? Einige Netzkünstler haben auch sehr schnell begriffen, dass sie mit ihrer produktlosen, schlecht repräsentierbaren Netzkunst nicht weit kommen (im System), und sind dazu übergegangen, in Richtung Rauminstallation zu arbeiten. Das funktioniert prima und war in der Videokunst auch nicht anders. Es ist also kein neues Phänomen ist mit der Netzkunst. Auch vor ihr gab es ephemere Kunst, Fluxus und Performancekunst zum Beispiel, oder technisch verlustfrei reproduzierbare Kunst wie Video oder Fotografie. All diese Kunstformen hatten enorme Probleme zu Beginn, und dann gab es doch Möglichkeiten für den Markt, und einzelne Vermittler haben sich dafür stark gemacht und es durchgesetzt. Und wenn es alles zuviel wird, läutet man mal wieder eine Dekade der neuen Malerei ein - zur Erholung (des Marktes). Bei der Netzkunst glaube ich schon an ein Interesse im Kunstbetrieb. Eine Zeit lang wurde sie sehr gehypt, und im Moment sehe ich da eher eine Art Konsolidierung. Schliesslich gibt einige grosse Institutionen wie das Guggenheim, die Tate Gallery oder das Walker Art Center, die sich aktiv für die Produktion von Netzkunst einsetzen, indem sie Commissions vergeben. Was tatsächlich schiefging in der Netzkunst war, dass die Künstler - ich spreche da von der Gruppe net.art und Umfeld - nicht gemeinsam Strategien entwickelt hatten, wie sie mit dem Betriebssystem Kunst umgehen sollten, was z.B. eine grosse Stärke der Fluxus-Künstler ausmachte. Es fehlte die Bereitschaft, da überhaupt ein Problem zu sehen. Eine entsprechend verheerende Wirkung hatte auch das Zusammentreffen. Meiner Einschätzung nach kommt man mit der Haltung: "Ich gehe stelle zwar meine Arbeit auf der documenta oder im Whitney Museum aus, aber es bedeutet nichts" nicht sehr weit. Das ist unpolitisch und schwächt jeden einzelnen in seiner Position. Ähnlich verhielt sich auch Vuc Cosic auf der Biennale 2001 in Venedig. Egal durch welche verqueren Umstände er schliesslich im slowenischen Pavillion landete, es war ein Erfolg für die Netzkunst und für ihn persönlich, und es war ein interessanter Pavillion gesamt gesehen. Und anstatt es als solches zu feiern - was ehrlich gewesen wäre - versuchte er durch sein Verhalten zu vermitteln, dass es völlig belanglos sei. Das fanden einige Leute sehr unangenehm und es entstand ganz spontan, vorort, die Idee, die Situation zu markieren. Das Ergebnis war die viel umstrittene 'flower action'. Im Namen des Old Boys Network überreichten ihm drei Cyberfeministinnen bei der Eröffnung des Pavillons einen übertrieben grossen Blumenstrauss, um ihm zu seinem Erfolg zu gratulieren und seine Verdienste für die Netzkunst zu würdigen. Ich mag die Aktion, weil sie auf unterschiedlichen Ebenen funktionierte: die slowenische Presse war stolz auf ihren Künstler, und die Insider konnten sich noch gut an die Vuks Geste erinnern, anlässlich der Eröffnung von net.condition am zkm einen Blumenstrauus niederzulegen, der den Tod der Netzkunst symbolisieren sollte durch die Institutionalisierung. Eine schöne Referenz, wie ich finde. Ich glaube auch, es hat ein bisschen weh getan. Wie gesagt, war das Fehlen einer gemeinsamen Strategie der Netzkünstler das grosse Problem. Ein weiteres Symptom stellte für mich der Netzkunst-Wettbewerb der Hamburger Kunsthalle 1997 dar. Ebenso wie der Einzug von Netzkunst auf der documenta x waren die Künstler sehr verunsichert und wussten nicht, wie sie mit den unsinnigen und unverständigen Bedinungen umgehen sollten. Und sie machten dann halbherzig mit. Dabei wäre es an dieser Stelle ein leichtes gewesen, das Betriebssystem Kunst wirklich zu hacken. Eine vertane Chance auf jeden Fall. FC: Du bezeichnest Dich selbst als Konzeptkünstlerin, und auf Deiner Homepage heisst es analog dazu: "A smart artist makes a machine do the work". Soll das auch heissen, dass die Konzeptkunst erst mit den Maschinen, die die Konzepte umsetzen, richtige Konzeptkunst geworden ist? CS: Nein, so radikal bzw. eindimensional würde ich das nicht formulieren (lacht). Schliesslich könnte man anstatt der Maschinen ja auch Sklaven nehmen, die die Kunst produzieren (lacht). FC: À la Andy Warhol Factory... CS: So ähnlich. Oder einfach Handwerker, oder willige Kunststudenten, die die Ideen des Meisters ausführen... FC: ...Jeff Koons... CS: Ja, Jeff Koons, bestes Beispiel. Ich glaube nicht, dass man eine Maschine braucht, um dieses Konzept von Kunst umzusetzen. Wenn das ästhetische Programm entwickelt ist, mit dem ein Künstler sich labelt, ist es egal, wer das Programm variiert und produziert. Der Künstler ist eine reine Repräsentationsfigur... Er muss einfach nur das Parameter 'Künstlerbild' gut füllen. FC: Da möchte ich einhaken. Vorgestern habe ich auf der von Adrian Ward mitbegründeten Mailingliste 'eu-gene' für generative Kunst die für mich erste einleuchtende Definition generativer Kunst gelesen. Sie stammt von Philip Galanter, einem Professor an der New York University, und knüpft unmittelbar an das an, was Du eben gesagt hast: "Generative art refers to any art practice where the artist creates a process, such as a set of natural language rules, a computer program, a machine, or other mechanism, which is then set into motion with some degree of autonomy contributing to or resulting in a completed work of art." Ich finde das eine interessante Definition, weil sie nicht nur Computerkunst reflektiert, sondern sehr viel mehr fasst. CS: Ja, das finde ich auch. Eine gute Definition. FC: Würdest Du sagen, dass, was Du machst, generative Kunst ist? CS: Nicht alles, was ich mache. Die Arbeit mit dem Netzkunstgenerator natürlich auf jeden Fall. Ob dieses Regelwerk, von dem er spricht, für meine gesamte Arbeit vorhanden ist ... Das müsste ich mir wirklich noch genauer überlegen. Was dafür spricht, ist, dass ich grundsätzlich davon ausgehe, dass ich nicht kreativ bin in dem Sinne, dass ich 'neue' Bilder oder eine 'neue' Ästhetik schaffe, sondern dass ich nur mit Material arbeite, das schon vorhanden ist. Dieses Material wird dann unter bestimmten Vorgaben neu kombiniert oder sonstwie verarbeitet. Aber DAS grosse Programm könnte ich jetzt nicht benennen (lacht)... FC: Ich frage mich aber, ob für Dich zum Beispiel in 'Female Extension' - als Du für den Netzkunst-Wettbewerb der Hamburger Kunsthalle mehrere hundert Websites unter weiblichen Künstlernamen eingereicht hast, die in Wirklichkeit von einem Computerprogramm generiert wurden - das Generative bloss ein Vehikel ist, ein Mittel zum Zweck. Auch 'Female Extension' war ein 'social hack', nämlich ein cyberfeministischer Hack des Netzkunstwettbewerbs. Wie Deine Generatoren programmiert sind, war dabei doch relativ egal. CS: Im Prinzip ja. (lacht). Aber ich habe nach 'Female Extension' das Konzept des Netzkunstgenerators weiter ausgearbeitet. FC: Wobei mir aufgefallen ist, dass in einem Deiner Netzkunstgeneratoren die 'Dada Engine' von Andrew Bulhak verwendet wird, die ja auch Grundlage seines sehr lustigen 'Postmodern Thesis Generators' ist... CS: Das stimmt. Leider ist das auch der komplizierteste Generator, der oft Probleme macht. FC: Die Netzkunstgeneratoren waren also nicht vom 'Postmodern Thesis Generator' inspiriert? CS: Nein, das war anders. Als der Wettbewerb der Kunsthalle 1997 stattfand, war für mich ganz klar, das ist einer der crucial points: Museum will sich Netzkunst einverleiben. Ich wollte intervenieren und ein Zeichen setzen: Einerseits für die Künstler oder Netzkünstler, dass wir jetzt aufpassen müssen, wie wir damit umgehen, damit wir nicht das Potential der Netzkunst, das erworben und mit dem subversiv umgegangen wurde, verspielen, zu billig verspielen, und andererseits natürlich dem Museum eine Lehre erteilen. So entstand 'Female Extension'. Zu Beginn hatte ich vor, alle Websites per Hand machen, mit Copy'n'Paste, weil ich nicht der Lage war, das zu programmieren. Die Programmierung hatte sich dann eher zufällig ergeben durch einen befreundeten Künstler. Ich war sehr erfreut über die Ergebnisse; die automatisch generierten Seitem sahen durchaus künstlerisch aus. Die Jury hat es jedenfalls geschluckt, obwohl keine meiner Künstlerinnen einen Preis bekommen hat. Durch 'Female Extension' und den social hack bin ich dann hängengeblieben bei der Idee, die Generatoren genauer zu konzipieren. Drei Versionen existieren seit einiger Zeit: einer, der nur mit Bildern arbeitet, einer, der Bilder und Text in Schichten anhäuft und einer, dem die 'Dada Engine' zugrundeliegt. Der letzte ist auf Texte spezialisiert und erfindet wunderbare Wortkombinationen, teilweise sogar mit Bestandteilen aus unterschiedlichen Sprachen. Zwei weitere sind in Planung für bestimmte Anwendungen. FC: Es gibt ja eine ähnliche Simultaneität verschiedener, ästhetisch wahrnehmbarer Prozesse in Deiner neuen Arbeit 'Improved Tele-vision'. Da beziehst Du Dich auf Schönbergs Stück 'Verklärte Nacht', dessen Umcodierung durch Nam June Paik, der die Schallplattenaufnahme mit geviertelter Geschwindigkeit abspielte, und wiederum dessen Re-Codierung durch Dieter Roth, der Schönbergs Musik wiederherstellt, indem er Paiks Version vierfach beschleunigt. Dann stellst Du Dich auch noch in die Reihe, indem Du eine Plattform für die 'ultimative Intervention' im Internet baust, auf der die User, das Tempo des Stückes selbst bestimmen können. Das hat mich sofort an die Literaturtheorie von Harold Bloom erinnert, seine sogenannte Einflusstheorie nämlich, derzufolge die Literaturgeschichte eine Abfolge ist von grossen Schriftstellern, die jeweils einen Vorgänger als ödipales Über-Ich übernehmen... [Lachen] ...und sich dann von ihm freischwimmen. CS: Ach ja? Der Untertitel von 'Improved Tele-vision' war ursprünglich 'Scheinbare ödipale Fixierung', den habe ich aber wieder verworfen habe. [Lacht.] Dabei war mir das 'scheinbar' besonders wichtig. FC: Ich habe so etwas vermutet. Da gibt es diese, auch aus meiner Sicht, enormen Künstler, Schönberg, Paik und Roth, die sich gegenseitig vom Sockel holen, um sich dann selbst auf den Sockel zu heben... CS: Genau. [Lacht.] Übrigens habe ich diese Theorie auch schon in der Kunstgeschichte gehört, namentlich von Isabelle Graw, die das in einem Vortrag über Cosima von Bonin auf Künstlerinnen anwendete... FC: ...und damit spielt offensichtlich Deine Arbeit. Du schreibst selbst, Du gäbest als erste die Geschwindigkeit, mit der das Stück gehört werden kann, frei... CS: Ja, mit Ausnahme der Originalgeschwindigkeit, die kann auf meiner Plattform nicht abgespielt werden. FC: ...bis auf die Originalgeschwindigkeit. - Du schreibst trotzdem: "Die Entscheidung hierüber wird vom Betrachter/Hörer getroffen und nicht mehr vom Komponisten bzw. einem/einer intervenierenden Künstler/in." Aber Du gibst doch schon eine massive Entscheidung vor, zum Beispiel dadurch, dass die Eins-zu-Eins-Abspielung nicht mehr möglich ist. CS: Wer das Original hören will, kann es sich ohne Probleme besorgen. Für mich interessant ist die Tatsache, dass die drei Künstler, die vor mir an dem Stück gearbeitet haben, die einzig wahre Geschwindigkeit festlegen wollten. Das ist eine Geste, die ich unterwandere, indem ich ein Tool anbiete, mit das Stück in beliebiger Geschwindigkeit gespielt werden kann. FC: Ist nicht bereits die Kontextualisierung in den Zusammenhang von Schönberg, Paik, Roth schon eine Setzung? Und auch die Entscheidung, alle vier Interventionen in einen Raum zu packen, wie Du es im Fall der Rauminstallation machst, die der zweite Teil der Arbeit ist? CS: Ja, natürlich! Meine Rhetorik über die ultimative Intervention, die durch die Möglichkeiten des Internet gegeben sind, wie Partizipation, Interaktivität und Mitbestimmung etc. ist doch reine Ironie! [Lachen.] FC: Ja, das war nämlich genau meine Frage, ob Du das wirklich ernst meinst! - Oder ob das nicht so ein ganz naiver Begriff von Interaktivität ist. CS: Der ist nicht naiv, sondern ich mache mich darüber lustig. Und ich führe meine Behauptungen selbst ad absurdum durch die Rauminstallation. An den vier Wänden eines separaten Raumes hängt jeweils ein Portrait von uns vieren. (Sie erwecken den Eindruck von Malerei auf Leinwand - in Wirklichkeit handelt es sich um mit Photoshop manipulierte Fotos - die aber tatsächlich auf Leinwand gedruckt und auf Keilrahmen gespannt sind). Daneben ist jeweils ein Künstlertext plaziert, der sich auf die 'Verklärte Nacht' bezieht. Zu hören ist ein Stück, das ich komponiert habe, auf dessen vier Tonspuren das Original von Schönberg liegen, die Version von Paik und die von Roth, die fast wieder original ist, aber nicht wirklich wegen ihrer Vinylgeräusche und weil sie mit ihrer nicht ganz, sondern nur annährend zurückgeführten Geschwindigkeit auch nicht synchron ist. Auf der vierten Spur spiele ich Roths Version rückwärts, auch in Referenz zu Schönberg und seiner späteren Kompositionstheorie und der Zwölftonmusik, in der melodische Motive als Krebs und Krebsumgekehrung rückwärts gespielt werden. Es hat mich umgehauen, wie gut das Rückwärtsspielen schon mit der 'Verklärten Nacht' funktioniert. Diese vier Spuren mische ich zu einem neuen Stück. Sie sind nicht immer gleich laut, sondern mit einem Spannungsbogen komponiert. Diese Musik läuft in der Installation und hat mit dem Freigeben, der finalen Intervention nichts zu tun, sondern ist eine zusätzliche Variante der Setzung. Und die visuelle Umsetzung die Portraits fand ich auch wichtig; das macht nochmal deutlich, wie ich mich in die Reihe, die Genealogie einschreibe. Ich als Frau, als wesentlich jüngere Frau, bezichtige sie, eine Setzung zu machen während ich alles frei gebe, klage an, wie sie sich auf den Sockel setzen, und setze mich gelichzeitig selbst drauf. FC: Eben. Aber ist es nicht überhaupt die Tragik jeder anti-ödipalen Intervention, dass sie sich zwangsläufig, ob sie es will oder nicht, doch wieder in die ödipale Logik einschreiben muss? Das sehe ich gerade in diesem Stück... CS: Wenn es so ist, ist es sicher tragisch. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich es mir zum Thema gemacht habe. Amüsant finde ich auch die Reaktionen des Publikums, die teilweise sehr aggressiv waren. Ich bekomme Vorwürfe wie: "Du willst auch nichts anderes, als so zu sein wie die" [lacht]. Dabei geht es eigentlich darum, diese Prozesse zu zeigen, das Betriebssystem, wie es funktioniert. Dass ich aus ihm nicht herauskomme, wenn ich drin sein will, ist ja logisch. Und diese Entscheidung habe ich getroffen. Aber möchte wissen und darüber nachdenken, was die Bedingungen sind, bzw. mir genaus das zum Thema machen. Wenn es untragbar wird, habe ich immer noch die Wahl, mich daraus zurückzuziehen. Aber mir fehlt der Glaube daran, dass echte Alternativen möglich sind. Solange ich es schaffe, damit so umzugehen, wie ich jetzt damit umgehe, finde ich es in Ordnung. Es ist ein Zustand von gleichzeitigem Drin- und Draussensein. Ein anderes Beispiel hierfür, das uns auch wieder zurückführt zur Marktkompatibilität von Netzkunst, ist die Einladung eines Fünfsterne-Hotels, ihre Räume teilauszustatten. Eigentlich war ich mir immer sicher, ich sei die letzte Künstlerin, die man zu so einer Aufgabe einlädt. Aber es hat mich interessiert, und ich habe angefangen, damit zu experimentieren. Glücklicherweise habe ich die Netzkunstgeneratoren, die für mich arbeiten können, und ich musste nur noch einen Weg finden, die entstehenden 'Produkte' zu materialisieren. Letztendlich drucke ich sie auf Leinwand oder auf Papier und rahme sie. Damit stelle ich Serien her, Bildserien, und es ist sehr erstaunlich, was da enststeht. Nur durch das Arrangieren kann ich Geschichten erzählen, was aber natürlich massive Eingriffe sind. Dabei finde ich die Idee von Rematerialisierung von Netzkunst interessant, sie wieder in gängige Formate zu packen und dann zu sehen, was mit ihr passiert. Ich bin davon ausgegangen, dass es eigentlich nicht gehen kann - das Ganze fand mit sehr viel Augenzwinkern statt - aber in meiner ersten Galerie-Ausstellung, die ich kürzlich in Malmö (Schweden) hatte, habe ich mit diese Idee weitergetrieben. Und es war überwältigend, was das für Bilder sind und wie sie aus dem Unterbewusstsein des Netzes an die Oberfläche gespült werden. FC: Ist das dann immer noch Konzeptkunst? CS: Ja, klar, für mich schon. - Dem Hotel habe ich jetzt angeboten, für sie Serien zu machen. Ich bestehe darauf, dass meine Bilder in endlosen Reihen im Flur hängen (für alle anderen Künstler eher ein uninteressanter Ort). Und natürlich hoffe ich, einen guten Deal zu machen: erstens ist das Geld interessant, darüber hinaus wird es sich aber um den ersten nennenswerten Verkauf von Netzkunst in der Geschichte handeln! [lacht]. FC: Das erinnert einen dann so ein bisschen an Manzoni und seine Strategien in den Fünfziger Jahren, Luft in Dosen zu verkaufen... CS: Ja, wobei ich keine Luft verkaufe, sondern richtige Bilder. [Lacht.] Interessant ist aber, dass es keine Drucktechnik gibt, die gewährleistet, dass die Bilder bestehen bleiben. Sie verblassen vielleicht alle. Ich verkaufe sie als Produkte, und eventuell ist in einigen Jahren nur noch weisses Papier da, was ich auch eine tolle Vorstellung finde! [lacht] FC: Und damit hast Du auch wieder die ödipale Referenz auf Dieter Roth, der mit seinen Schokoladenobjekten aus den 60er Jahren heute bereits spezialisierte Restauratoren in Arbeit hält... CS: Ja, oder die Arbeiten mit Abfall und Schimmel. Das Ephemere ist ein wichtiger Aspekt. Und die Sache mit dem Hotel ist in doppelter Hinsicht ein gelungener Coup, weil ich einerseits Geld kriege, was immer wichtig ist, andererseits den Kollegen Netzkünstlern, die wirklich für billigstes Geld ihre Webseiten verleasen oder verkaufen, etwas vorführe. FC: Ich versuche, von hier aus den Sprung zum Cyberfeminismus zu machen, und das ist schwer... Stichwort Strategie... C.S.: Ich kann die erzählen, was für mich dieser Begriff bedeutet oder wie ich damit umgehe, und vielleicht kann man so eine Brücke bauen. FC: Vielleicht fange ich so an: Was mich immer gestört hat am Begriff 'Cyberfeminismus' war weniger der 'Feminismus', als das Präfix 'Cyber-'. Musste das sein? CS: [Lacht.] Das ist erstaunlich! Wenn Dich der Feminismus gestört hätte, fände ich das nachvollziehbarer. [Lachen.] Aber Du scheinst p.c. zu sein... [Lachen.] Zum Thema 'Cyber': das ist "what it is all about". Ich habe zum ersten Mal von Cyberfeminismus aus dem Mund von Geert Lovink gehört und damals zu ihm gesagt: Was ist denn das für ein Quatsch? Das war in der Zeit, als alles plötzlich 'Cyber' wurde, 'Cyber-Money', 'Cyber-Body', etc. FC: Ja eben. CS: Ich habe es da eingeordnet und als Unsinn abgehakt, aber der Begriff hat sich in meinem Kopf festgesetzt, ohne dass ich wusste, was es ist. Dann habe ich bei Geert nochmal nachgefragt und ihn gebeten, ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de