ritchie on Mon, 25 Mar 2002 21:12:04 +0100 (CET)


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AW: [rohrpost] Der Client als Medium


>naja, ich fühle mich (noch) nicht als technologie, auch wenn man mich
durchaus
>auch technologisch begreifen kann;

Natürlich. Hängt schwer davon ab, welche Sichtweise gerade
gesellschaftlich vorherrschend ist. (Kein Zynismus, siehe
frühe Technik/Kultur/Geschichte. Da erfanden ein paar
frühe Ingeneure Holzmaschinen zum Wasserhochheben, und
schon spekulierte die Philosophie frei über die Maschinen-
haftigkeit des Menschen dahin) Dank Genforschung begreifen
wir den Menschen nur noch partiell (Gehirn) als Computer.
(Um Widerspruch vorzubeugen: nein, ich mein nicht die
neurologisch gebildete Minderheit, sondern dass die
Mehrheit der westlichen Menschlein zumindest nichts
absonderliches am Vergleich ihrer eigenen Denkmaschine
mit einem Pentium 4 findet, obwohl das eigentlich
wirklich nur noch absurd ist)

Medientheoretiker begreifen den Menschen vielleicht
stärker als kommunikativen Knoten im Netzwerk á la Flusser,
usw, usw. Die gesellschaftliche (Medien)realität hüllt uns
halt doch ziemlich unentrinnbar ein.


>m.e.  spielt der computer FÜR DEN WWW-USER nur noch insofern eine rolle,
als
>er das betriebssystem zur verfügung stellt, auf dem die benötigten
>programme, client (und natürlich server), laufen. das heisst, dass er für
>den blossen benutzer gar keine rolle mehr spielt, wenn die grundtechniken
>des computereinschaltens und programmstartens beherrscht werden.

Grundtechniken: Vor dem Monitor sitzen, die Augen an 72dpi bei
rund 85 Hz gewöhnen, aber auch: Maus steuern,
pixelansammlungen als Texte begreifen, tasturell kommunizieren...
oh, oh. Da ist aber schon ein ganzer Sack voller "Grundtechniken"
applikationsunabhängig.

Kittler: Es gibt keine Software.
Jana: Es gibt nur Software.

Ein Punkt an Jana für Originalität. Aber: wie nutzungsabhängig
wollen wir den Medienbegriff definieren? Die Diskussion läuft
in (u.a.) 2 Richtungen: einmal wird das Medium stärkst
kontextualisiert (á la Fiske), einmal strukturell
abgekoppelt (á la Kittler). McLuhan vermischt ja munter
beides, definiert aber auch die lobenswerte Praxis
der "probes". Aber dazu ein Einwurf: im ersten
Fall wäre ein Fernseher dann kein Medium mehr,
wenn er von einem völlig FS-Unkundigen z.B. als
sehr kleiner Esstisch verwendet wird. Im zweiten
Fall wäre er dann immer noch - technologisch -
ein Medium, und diese Sichtweise wäre nicht
(bloß) akademisch. Das Argument der Applikationsabh.
vermischt nach meinem Gefühl
den ersten Fall mit dem zweiten, indem
die Software als blinder Fleck akzeptiert wird,
gerade durch die Reduktion auf deren phänomenologische
Analyse. Andererseits können wir aber auf sehr
eindrucksvolle Manifestationen der Interdependenz
der beiden Szenarien zurückgreifen: etwa in
Form "alternativer" Browser (Webstalker etwa,
Browser, die ganz andere Aspekte des
www darstellen, z.B. Bitraten, in Töne
umgewandelte Datenpakete, weiß der Geier) offenbart
sich die latente Hardwarepräsenz in der Software,
aber auch die Präsenz der Netzwerkstruktur - wie
hardwareimmanent diese ist, könnte vielleicht
ein Cisco-Mitarbeiter angeben, falls sich zufällig
einer auf der Liste befindet :-)

Ich meine, Hardcore-Kittlerianern fehlt der
Humor, der FK selbst in hohem Maße eigen ist, aber
trotzdem ist mit einer Reduktion der
Medientheorie auf die Applikationsebene
wenig gewonnen - denn von dort ist der
Weg zur Empirie nicht mehr weit.

r.



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