Pit Schultz on Sun, 19 May 2002 04:36:01 +0200 (CEST)


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[rohrpost] sonig night


liebe rohrpost,

"By listening to noise we can better understand were the folly
of men and their calculations is leading us and what hopes it
is still possible to have."  (Jaques Attali)

ihr wollt also wirklich keine bloeden announcements mehr lesen?
ausnahmsweise mit text, gestern abend, wieder ein streaming event
das medienkultur um der medien selbst willen, oder aber zu zwecken
der arbeitsplatzschaffenden begriffsbildung, dann doch wieder
sozusagen irgendwie vollkommen in frage stellte,
kurzgesagt, auch an diesem abend war die musik den anderen medienkuensten
wieder einen schritt voraus, schlicht vom handwerklichen aus betrachtet.

so entwickelt der klang der spielfreude, an diversen
geraetschaften etwas wie eine kontinuitaet und reichtum
dessen was einmal fortschrittlichkeit genannt wurde, ohne den
avantgarde cheque einzuloesen oder auf das kulturmanagement der
issue-verknappung  angewiesen zu sein, ist der prozess des
live musikmachens abseits dieser oder jener repraesentationswelten
weiterhin einer bei dem  man sich nicht so einfach durchmogeln kann.
und das angebot ist angesichts der unmenge an interessanten acts
so gross dass sich ueber geschmack niemand streiten muss, sofern
man sich auf elektronica einigen kann. (die uebergaenge
zwischen live und  aufzeichung sind nicht zuletzt ja
laengst durch den dj fliessender geworden.)

es ist die inoffizielle begleitmusik zum unerträglichen hauptprogramm
das staendig alle kaenaele zu belegen versucht und dessen ziel es ist
dich zum kompromiss zu zwingen und der mitte zuzuordnen.
waehrend das archiv ueberquillt gewinnt der kleine punkt den man Jetzt
nennt weiter an wert. einen wert den es zum richtigen zeitpunkt
einzuloesen heisst. dass dieser zeitpunkt mehr politisch als
oekonomisch zu verstehen ist, koennten solche live soundtracks mit
jeder sekunde klarer machen.

was machen die leute heutzutage an ihren computern wenn sie gerade
keine software kunstwerke fabrizieren? die aesthetisierung des
'glitches' schuf eine weitere standard klangfarbe, die elektroakustischen
asketen der digitalen hochkultur wurden von gmbhs aus ihren
kleinen instituten vertrieben, die clubs wissen
auch nicht, wie sie ihre lounges  weiter
querfinanzieren sollen,  aber es gibt orte, die sich die
rezession noch leisten koennen. castor's volksbuehne nascht
und zankt mit ihrem richtungsweisenden mischkonzept an verschiedenen
kulturtoepfen mit, und stellt doch wieder eben jene karnavaleske mitte
her die es versuchte aufzubrechen.

also freut man sich, wenn medienkultur, als die kultur der vermitt(l)ung,
als die kultur der mitte, der kultur der laptops und freizeitarbeiter,
und deren negativierung in rekursiven spiegelungsdebatten, mit
ihren diskussionen der macht und ohnmaechtigkeit, eben unter einsatz eben
dieser medien die fragen vergessen macht von deren klang sie sich
so gerne nährt. zugunsten einer musik die ihre gebrauchsanweisung
mitsich fuehrt ist an einer stelle das handgemacht,
was an anderer stelle computergeniert ist, ohne das der
erklaerungsbedarf jemals gedeckt waere. mit den ohren zu
denken waere nicht die falscheste art zu denken.

digitale praxis foerdert endlose kopiervorgänge und bearbeitungen
zutage, jede "substanz" ist in jede andere transformierbar, es
existiert ein kontinuum des dazwischen, jedes stadium der
zirkulaeren bearbeitung ist zugleich potentiell ein anderes,
frequenz wird zu code und umgekehrt, an schnittstellen sammeln
sich die bruchstuecke und wollen kunstfertig aneinandergefuegt
werden, die fabriken der universellen konvertierbarkeit und
berechenbarkeit sind noch nicht komplett durchmessen, musik
ist idealer kanal das in der zeit zu ordnen abseits der
vertextung und nachrichtenkämpfe. die andernorts anzutreffende
kulturelle korruption (in nietzsches sinne) ist im bereich der
elektronischen musik fast unbekannt, es darf  weiter musiziert
werden, schrammelnd, strauchelnd, scratchend und vor allem
subjektvergessen selbstgemacht. wer jetzt von krach
redet, sollte nochmal genauer hinhoeren.

das koelner label sonig von mouseonmars, etwas verwandt mit dem
hause a-musik ludt ein in die volksbuehne (im jetzt von christoph
gurk betreuten nachtrock special) und es kamen mehr als
eine handvoll und nicht ganz so viele wie bei warp aus london
um wie dort auf den gaengen herumzustehen und vergeblich
auf gott aka afx zu warten. es geht weiterhin um rockmusik im
weitesten sinne, die herausforderung des human data processing,
die performance an den instrumenten, wird immer wieder gerne
angemnommen.


die links:

hervorzuheben zuallererst ein unglaubliches set von *Scratch Pet Land*
aus Bruessel, virtuos verspielt, analog vs. digital, gabber vs. maultrommel,
dialogisch, zappa vs. scratch perverts,  jodi soundsystem vielleicht
und vor allem live und medienkulturell sicher besonders wertvoll.
	http://www.klubradio.de/rams/sonig-scratchpetland.ram


f.x. randomiz & josef stuchy: analog/digital psychodelische
kammermusik - der langgediente laptop pionier trifft auf
einen poststrukturalen gitarrero in can tradition. algorithmus
und improvisation. disolvement und layering. zwei meister der
verfitzelung bevor es microsound genannt wurde.
	http://www.klubradio.de/rams/sonig-fxrandomizstuchy.ram


Vert am Harmonium und präparierten Piano vs. laptop
Musikmaschine, oeffentliche hausmusik, erwaehnt kleine
postdigitale geschichten, deutet imaginaere Filmmusik an,
entspannt egalitaer und trotzdem zeitlos genrefremd.
	http://www.klubradio.de/rams/sonig-vert.ram

mouse on mars, die profis, auch mal im dienste des goethe
instituts, rocken das haus und die stundentInnen springen
aus ihren sitzen.  wunderschoene c64 appregios, kabelsalat
und krautrock, die verzerrungen waren eine echte herausforderung
fuer die empfindliche hausanlage der volksbuehne. music
fuer die heim space operas.
	http://www.klubradio.de/sonig-mouseonmars.ram


realaudio player einstellungen:
in preferences unter minium "double isdn" einschalten!
laeuft auch auf guten isdn verbindungen. (ATRAC3 64kbps)
(sorry, das zeitweise brummen kam aus der anlage...)

danach ging es uebrigens noch zu KOTAI und PLUMM,
ein formidables audiovideo set. mehr davon bald
unter der selben url oder wmfrec.com oder elektro.fm
und jetzt kauft euch die platten.


http://www.klubradio.de

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