Krystian Woznicki on Wed, 22 May 2002 23:39:07 +0200 (CEST) |
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[rohrpost] Retro-Visionen, Graz, 25.05. |
Konferenz: Flashback, Remix, Déjà-vu? Retro-Visionen in der aktuellen elektronischen Kultur Sa 25.05.02 | 17:00 Neue Galerie/Spiegelsaal Sackstrasse 16 A-8010 Graz Gut zehn Jahre ist es her, dass Techno und die neuere elektronische Musik in den Mainstreamkanon einzufließen begonnen haben. Gut zehn Jahre auch, dass diese Bewegung, die lange Zeit mit der Ideologie der Geschichtslosigkeit und des Anti-Narrativen kokettierte, ihre eigene Geschichte schreibt. Seither ist Techno, im weitest möglichen Sinn verstanden, zu einem maßgeblichen Paradigma der Gegenwartskultur geworden. War zuvor der elektronischen Kunst, meist sozial abgeschottet und technizistisch motiviert, eine fröhlich-avantgardistische Vorreiterrolle zugeschrieben worden, so hat sich in der letzten Dekade ein großflächiger Umbau, und vor allem eine kontextuelle Erweiterung, hin zu einer breit aufgefächerten elektronischen Kultur vollzogen. Viele Mythen, die dieses neue Feld zentral zu kennzeichnen schienen, mussten seither revidiert werden: Autorlosigkeit, Anonymität oder die Enthierarchisierung von High und Low sind einige dieser Mythen, die keineswegs außer Kraft gesetzt wurden, ganz sicher jedoch Neuformatierungen erfahren haben. So hat die elektronische Musik heute selbst einen weitgehend unverrückbaren Kanon - sie, die einst antrat, jegliche Form von Kanonisierung und Geschichtlichkeit grundlegend aus den Angeln zu heben. Sieht man sich heute um, so wird diese grundlegende Geschichtlichkeit kaum noch - sei es durch euphorische Zukunftsorientiertheit, sei es durch übertriebene Gegenwärtigkeit - zu maskieren versucht. Ganz im Gegenteil: Die elektronische Kultur scheint selbst die Rückgriffe auf Sound-Archive und Proto-Electronica-Genres in dem Maße zu forcieren, in dem die Speicher der Vergangenheit immer leichter digital verarbeitbar werden. Egal ob in Form von wiederverwendeten Sound-Partikeln, Sound-Signaturen, umfassenden Stil-Vorlagen oder kulturellen Blaupausen: Das Zurückgreifen auf Modelle, die irgendwann einmal zukunftsweisend bzw. als ihrer Zeit voraus erschienen, dominiert heute weite Teile dieser Kultur. Grund genug, um ganz konkret zentrale Episoden aus der Vorgeschichte heutiger Electronica aufzurollen und auf ihre latente Aktualität hin zu scannen. Grund genug aber auch, um die scheinbare Zeitlosigkeit vieler »technoider« Sounds zu hinterfragen bzw. bestimmte Erfolgsmuster hinter aktuellen Produktionen, die sich ganz bewusst auf einen zeitlich verschleierten Retro-Modernismus stützen, kritisch zu beleuchten. Schließlich auch Grund genug, um nach der jeweiligen Eigenart solcher Rückgriffe - als spezifische Formen einer »Nostalgie für die Gegenwart« - zu fragen. Treibt die elektronische Musik der Gegenwart in Richtung einer alles nivellierenden kulturellen Amnesie, die sich als unbeschwertes, aber auch folgenloses Hier-und-Jetzt-Gefühl breit macht? Trägt ein Überschuss an Referenzen zur gesteigerten Wertschätzung für Vergangenes, oder bloß zu einem schnelleren Vergessen bei? Wird der »Geschichtsballast« einer Kultur vielleicht gerade dadurch neutralisiert, dass er ständig und überall, in kleinste Partikel gesprengt, wieder auftaucht, oder zum Auftauchen gebracht wird? Oder bahnen sich heute nur jene Stränge avancierter Musik den Weg ins Zentrum der Aufmerksamkeit, die ihrer Zeit so weit voraus waren, dass sie erst allmählich vom Lauf der Geschichte validiert werden? Eingezwängt zwischen 1979 und 2019, stellt sich schließlich die Frage, wie zeitbezogen die Musik der Gegenwart tatsächlich sein kann. Teilnehmer: Martin Büsser (Testcard, BRD) Martin Büsser wurde 1968 geboren und studierte vergleichende Literaturwissenschaften, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft. Er arbeitet als freier Autor und Journalist u.a. für Jazzthetik, taz, Konkret, INTRO und junge Welt. Seit 1995 ist er Mitherausgeber der Buchreihe "Testcard - Beiträge zur Popgeschichte". Tom Holert (Institute for Studies in Visual Culture, BRD) Tom Holert ist freier Kulturwissenschaftler und Journalist. Von 1992-1995 war er Redakteur bei Texte zur Kunst, von 1996-1999 Mit-Herausgeber von Spex, von 1997-1999 Professor für Kultur- und Medientheorie an der Merz Akademie, Stuttgart. Im April 2000 gründete Holert mit Mark Terkessidis das Institute for Studies in Visual Culture (isvc) in Köln. Buchveröffentlichungen: Künstlerwissen (1998), Mainstream der Minderheiten. Pop in der Kontrollgesellschaft (Herausgeber, mit Mark Terkessidis), Imagineering. Visuelle Kultur und Politik der Sichtbarkeit (2000). Krystian Woznicki (Berliner Gazette, BRD) 1991 - 1998 pursues curatorial projects in Europe, Mexico and Japan within the context of art and film, such as a series on young Japanese cinema at Deutsches Filmmuseum Frankfurt (1997) and an exhibition by German artists Maroan el Sani and Nina Fischer at the Metropolitan Museum of Photography in Tokyo (1998). 1995 - 1998 works as correspondent and editor for Spex magazine in Tokyo and works as a columnist for Japan Times and Wired Japan. 1999 founds the Berliner Gazette, a weekly electronic mini-newspaper for social issues and contemporary culture. Is currently based in Berlin and researches on the juncture of new media, arts and architecture with a focus on the convergence of Pop and New Economy. Michaela Schwendtner (Club Jade, A) 1995-1996 betreiben des offspace 'jadengasse' (Konzerte elektronischer Musik - u.a. s.e.t.i./andrew lagowski, hafler trio, scanner, rehberg & bauer, Ausstellungen, Filmprojekte). Seit 1998 "jade @ rhiz" (regelmässiger monatlicher Programmpunkt im rhiz, programmierung von live- konzerten, djing). Weiters Arbeit mit Video (Musikvideos für radian, fennesz, pure, general magic), Ausstellungsprojekte (gemeinsam mit oliver hangl, harald hund, amina handke), Filmprojektionen/-installationen, Visualisierungen bei Konzerten, Musikveranstaltungen (wuk, b.a.c.h.) Anne Hilde Neset (The Wire, UK) Anne Hilde Neset lebt in London und schreibt für das Magazin "The Wire". Neben ihrer Tätigkeit als Journalistin ist sie eine Hälfte des DJ-Duos WWS. Sie arbeitete als Kuratorin für renommierte Festivals wie Impakt (Utrecht) FCMM (Montreal) oder Sonar (Barcelona). Matthias Dusini (Falter, A) Studium der Dt. Philologie und der Philosophie. Lebt in Wien, arbeitet in der Kulturredaktion der Stadtzeitung Falter. Schreibt für Kunstzeitschriften. Aufsätze und Vorträge über Kunst, Popularkultur, Design und Architektur. Mitherausgeber von "Covering the Room", Wien 1998 und "Azioni, Materiali - Performative Aspekte im Werk von Michelangelo Pistoletto", Köln, Innsbruck 1999. Moderation: Christian Höller (Springerin, A) Redakteur und Mitherausgeber der Zeitschrift "springerin - Hefte für Gegenwartskunst"; freier Autor und Übersetzer; zahlreiche Publikationen, u.a. in Texte zur Kunst, Spex und springerin; Redaktion des springerin-Sammelbandes »Widerstände: Kunst - Cultural Studies - Neue Medien« (Folio Verlag, Wien/Bozen, 1999); Kurator des Sonderprogramms »Pop Unlimited? Imagetransfers und Bildproduktion in der aktuellen Popkultur« bei den 46. Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen, Mai 2000; Herausgeber des Sammelbandes »Pop Unlimited?« (Verlag Turia + Kant, Wien, 2000); Online-Redakteur und Berater des Vereins Medienturm, Graz http://www.medienturm.at ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/