geert lovink on Thu, 26 Dec 2002 23:15:07 +0100 (CET) |
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[rohrpost] fw: com.une.farce sagt tschüss |
From: "goy" <goy@niatu.net> To: <newsgroup@niatu.net> Sent: Thursday, December 26, 2002 6:30 AM Subject: [newsgroup] com.une.farce sagt tschüss com.une.farce sagt tschüss Zum Ende des Jahres 2002 wird die Redaktion des Internet-Magazins com.une.farce (http://www.copyriot.com/unefarce) die Arbeit am Projekt farce einstellen. Die Webseite wird mit kleinen Änderungen als Archiv erhalten bleiben, [newsgroup], die Mailingliste der farce, wird ebenso weiter bestehen. Eifrige BesucherInnen der Webseite mag dieser Schritt aufgrund der immer seltener werdenden updates nicht sonderlich verwundern. Anläufe der Redaktion, neue Diskussionen zu eröffnen, neue Beiträge zu organisieren oder einfach nur die Webseite aktuell zu halten verliefen immer öfter im Sand. Auch der Abschied vom an Printmedien angelehnten Heftkonzept hin zu "in progress"- Ausgaben, deren unabgeschlossener Status eine netzgemäße, kontinuierlichere Arbeitsweise gewährleisten sollte, brachte nicht den erhofften neuen Schwung. So erklärt sich aus den Entwicklungen des letzten Jahres der Schritt, das Projekt farce nach fünf Jahren, sechs Ausgaben mit etwa fünfzig bis sechzig Beiträgen, unzähligen Debatten, spannenden Auseinandersetzungen, aber auch Distanzierungen und Austritten aufzulösen. Zurück bleibt keine zerstrittene Redaktion, vielmehr eine, die sich nach fünf Jahren gemeinsamer Arbeit in zum Teil prekären Verhältnissen wiederfindet, in denen es eben nicht mehr wie noch zu Studi-Zeiten möglich ist, mal ein paar Tage ganz dem politischen Hobby zu widmen. Ob freiberuflich, angestellt oder arbeitslos, mit Kind und ohne Kinderladenplatz, viele aus der farce-Redaktion fanden vor lauter Alltag nicht mehr die Zeit für die Redaktionsarbeit. Ausserdem gab es immer wieder Probleme, die redaktionelle Arbeit über eMail zu kommunizieren. Jede neue Ausgabe der farce, jeder Entwicklungsschritt des Projekts konnte nur durch ein face-to-face-treffen angeschoben werden. Dazwischen gab es oft über Monate hinweg Stillschweigen. Ob es der Redaktion an Netzkompetenz ermangelte, ob es Bedürfnisse an das Projekt gab, die über eMail nicht vermittelbar waren, oder ob differenzierte Diskussionen über den engen Kommunikationskanal eMail einfach nicht sinnvoll zu führen sind, bleibt eine offene Frage. Schließlich gab es auch verschiedene Auffassungen über die Inhalte und die Bedeutung von redaktioneller Arbeit, die immer wieder miteinander in Konflikt geraten sind. Die Unvermittelbarkeit der verschiedenen Auffassungen von Redaktionsarbeit führte zur partiellen Lähmung der Redaktionskommunikation. Aus dieser Lähmung konnten wir uns dieses Jahr schließlich nicht mehr befreien. Viele aus der Redaktion sehen sich nicht mehr dazu in der Lage, die Themen und Projekte, mit denen sie sich in ihrem Alltag beschäftigen, in die farce einzubringen. Die einstmals angestrebte Vermittlung von Theorie und Alltag scheint misslungen, die farce wurde zur grauen Theorie, die selbst mit dem Alltag ihrer RedakteurInnen nichts mehr zu tun hat. Die farce hat allerdings auch Räume geöffnet. Gaben wir 1998 als eines unserer Motive zur Zeitschriftengründung auch die Unzufriedenheit mit dem existierenden deutschsprachigen linksradikalen Blätterwald an, so ist diese Unzufriedenheit heute zwar nicht verschwunden, es können allerdings einzelne neue Projekte durchaus auf Diskussionen und Anregungen der farce zurückgreifen. Inwieweit Publikationen und Initiativen wie Subtropen, Fantomas, links-netz, no spoon, Living Trekism, zatopek oder le tryk die gleiche Programmatik wie wir verfolgen, soll an dieser Stelle nicht geklärt werden. Sie sind allerdings Beispiele für das Bedürfnis nach undogmatischer, offener Diskussion über linksradikale Theoriebildung und die Frage nach politischem Handeln. Einem Bedürfnis, dem auch die farce in den letzten fünf Jahren gerecht werden wollte. Sicherlich muss sich die farce auch den Vorwurf gefallen lassen, an Offenheit ermangelt zu haben. Einer der Schwerpunkte der farce war die Debatte um mentale/immaterielle Arbeit. Über die Jahre gab es hier spannende Debatten, einige vermissten jedoch den Blick über den postoperaistischen Tellerrand. Zu heftigen Kritiken führte zudem das mangelnde Verständnis für feministische Theorien und Praxen. Wir sind allzu oft daran gescheitert, kritische Anmerkungen aufzunehmen und Distanzierungen zu verarbeiten. Eine Redaktion wie die zuletzt übrig gebliebene, der es nicht mehr gelang, eine lebendige Diskussion untereinander aufrecht zu erhalten, sollte den Laden besser dicht machen. Wir haben diesen Schritt kürzlich beschlossen. Als Werkzeugkiste mag das farce-Archiv allemal noch dienen. Dies ist auch eine Einladung, weiter darin zu stöbern und sich zu bedienen. Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit über all die Jahre Redaktion com.une.farce im Dezember 2002 ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/