SaB* on Tue, 4 Mar 2003 12:55:08 +0100 (CET) |
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[rohrpost] aus7 wie aussieben (fwd) |
-- SaB* ---------- Forwarded message ---------- X-te: Tue, 4 Mar 2003 13:00:41 +0100 ((MEZ) Mitteleuropäische Zeit) From: SaB* <sab@kein.org> To: serverfestival@radiostudio.org Subject: aus7 wie aussieben _________________________________________________________________________> guten tag. > medaillen, urkunden, auszeichnungen - ein preis ist mehr als ein stück blech. er ist ein symbol für die arbeit, die investiert wurde. seine bedeutung ist sein wert. das heißt auch: wenn uns der preis einer sache zu hoch scheint, ist uns die sache nicht genug wert. und: sie wird nicht wertvoller, wenn sie billiger wird. im gegenteil: der wert ist umso höher, je mehr wir bereit sind zu geben. es ist ganz einfach, auf dem kunstmarkt oder im richtigen leben: du bekommst so viel, wie du gibst. > laborbedingungen sind selten in der kunstgeschichte. > http://aus7.org/idmtool_lib/reise.php > "Reflektion 01" Anmerkungen zum "Traktat über das Reisen". Es ist die Stimmung, die sich im Zug, auf dem Rad, im Flugzeug oder beim Auto fahren einstellt und sich als Bewegung im Sinne eines Reisens von A nach B ausdrückt, die B. aus der gewohnten Umgebung reißt und ihn, bevor er am neuen Ort mit neuen Menschen, neuen Dingen und neuen Gesetzen ankommt, eine Zeitlang im Dazwischen schweben läßt. In dieser Leere werden auch gewisse Zonen in unserem Kopf wieder leer, was diesen erlaubt, Dinge aufzunehmen oder miteinander zu verknüpfen, die sonst nicht so rasch in Zusammenhang gebracht werden. Die Plots einiger seiner Werke sind B. auf den Highways von Los Angeles gekommen. Die magischen Orte der Kreativität sind stationär, die Parkbank oder Gefängnispritsche, das Irrenhaus oder das Hotelzimmer, das Kaffeehaus, das Atelier oder die eigenen vier Wände. Während der eine mit dem Rücken zum Fenster arbeitet, ist der Blick ins Freie für den anderen eine unerläßliche Inspirationsquelle. Der ambulante Kreativitätsort von B. ist der herkömmlichen Sicht der Dinge diametral entgegengesetzt. "On the road" zwischen Havanna, Kapstadt und Tokio und ausgerüstet mit nomadischen Objekten, wird B. die zunehmende Ortlosigkeit des Kunstmachens klar. In der virtuellen Welt spielt der tatsächliche Aufenthaltsort der Mitspieler überhaupt keine Rolle mehr. B. reist, er ist unterwegs zur Kunst. > http://aus7.org/webcam.php http://aus7.org/idmtool_lib/timessquare/ http://aus7.org/idmtool_lib/jens/jens.php > A U F R U F ! ! ! gesucht werden menschen, die sich mit webcams auf die eine (webcamfotografie) oder andere (surveillance) art beschäftigen und am aufbau eines fach-eZines interesse haben. mail an sab@kein.org > http://aus7.org/idmtool_lib/mit_holger.htm > http://aus7.org/idmtool_lib/im_kunstverein.htm > http://aus7.org/idmtool_lib/mit_rueckgrat.htm > http://aus7.org/idmtool_lib/ddorf/index.htm > http://aus7.org/indexer.php?dir=/idmtool_lib/front_page > http://aus7.org/idmtool_lib/dada/dada.php > borderline-projekt (es geht weiter!) http://aus7.org/borderline/index.htm > "Sehnsucht in die weite Ferne" Anmerkungen zu Sascha Buettners "Traktat über das Reisen". Sascha Buettner (*1966 in Wiesbaden, lebt in Wiesbaden): Sascha Buettner fotografiert. Er tut dies mit wechselnder Thematik: Kultur- und kunsthistorische Komplexe greifen über in naturhistorische, wiederkehrend sind autobiografische und selbstinszenierte Momente. Er verwirklicht seine Themen an Meeresstränden, in Armenhäusern, in Hotels, in Pflanzenhäusern oder in den Straßen wuchernder Metropolen. Seit 1991 hat Buettner begonnen auf realen und fiktiven Reisen "Reisebilder" zu sammeln. Die Vermischung von realen Szenen, Beobachtungen und Beschreibungen mit Kunstfiguren, wie Künstler, Philosoph, Seefahrer oder Reisender, schafft zusammen mit ästhetischen und mystischen Gedanken Kaleidoskope der Wahrnehmung. Alltägliche Banalitäten wie auch die oft tableauartige Präsentation des Fotomaterials erinnern im Genre an Roadmovies, kurz, an einen subjektiven Charakter der Reiseerfahrung, die zwischen illusionärem Nomadendasein und verhinderter Zivilisationsflucht oszilliert. Parallel zur Fotografie entwickelt Buettner mit seinem "Traktat über das Reisen" eine Art "ongoing project", das Textmaterial über Abfahrt, Passage und Ankunft versammelt. Zitate, Selbstzitate und Auszüge aus der Literatur fügen sich zu einer Endlosschleife, die - ohne Anfang und ohne Ende - das Reisen in seine Fragmente zerlegt. In einem Text von Otto Hochreiter heißt es: "Nicht das Ankommen ist das Ziel der Reisen des Sascha Buettner, sondern das plötzliche Erkennen des eigenen Selbst im Rätselhaften." Buettner thematisiert das MKünstlersein schlechthin, denn der Künstler befindet sich sein ganzes Leben lang nur auf der Durchreise. Buettner wartet am Horizont aller Landstraßen. Worauf nur? * Von Freiheit und Fremde als "voreiliger Vorteil eines nahen Verlustes" - wie es Rainer Maria Rilke formulierte - sprechen auch die Bilder von Sascha Buettner, Bilder aus einer Welt, die an ihm vorüberrollt, wie ein Zelluloidstreifen die aufmerksamen Augen eines Cutters am Schneidetisch passiert. Buettners Schnitte sind voller Ironie, seine Enttäuschung ist die dosierte eines Wissenden. Seine Arbeiten, gleichsam Standbilder angehaltener Reisebewegungen, finden ihre Entsprechung in der These Virilios von der Reise als Film. Vom fahrenden Zug aus betrachtet, wird die Landschaft zur Staffage, deren Geschichte von der am Fensterbrett keineswegs zufällig plazierten Zeitung erzählt wird. Dazwischen setzen traurig-melancholische Bilder von urbanen Niemandsland von Autobahnauffahrten und Verkehrsknotenpunkten die Zäsuren von An- und Abreise. Auf der Suche nach den Bildern im Kopfe findet er jene wieder, die er zu Hause längst hinter sich gelassen zu haben glaubte. Die Skyline von Manhattan entpuppt sich bei näherer Beschau als ein in einer verstaubten Reisebürovitrine vor sich hin vergilbendes Plakat. Der Südseezauber funkelt in der näheren Heimat, Palmengarten, Frankfurt. In Abwandlung eines Satzes von Jenischen könnte wohl auch Sascha Buettner sagen: "Ich bin dort zu Hause, wo meine Bilder sind", ob die Reise nun wie Xavier de Maistre "Autour de ma Chambre" oder Phileas Fogg "In achtzig Tagen um die Welt" führt. So wie Segalen in seinem Essay "Sur l'éxotisme" das Exotische als Moment der Existenzerfahrung, der Selbsterkenntnis verwendet, so sind auch Sascha Buettners Reisen nach innen gerichtet. Sascha Buettner wird, wie Virilio den wahren Reisenden in seiner "Ästhetik des Verschwindens" beschreibt, zum Voyeur der eigenen Reise. Je mehr er sich selbst ins Bild rückt, desto mehr verschwinden die Bilder um ihn herum. Die Decamouflage touristischer Codes gipfelt in deren Abwesenheit. Die Kulissen seiner Träume entschwinden und zurück bleiben Sascha Buettner und sein Werk. Das Ziel seiner Reise ist erreicht, es ist die Reise selbst. So fährt Sascha Buettner weiter seinen Sehnsüchten entgegen, um sich immer wieder achselzuckend einzugestehen, woran Julia Kristeva mahnt: "Fremde sind wir uns selbst." Matt Gerard, 1997 > Zürich, 22. Februar 2003 ...die "sihl papierfabrik", die ich nach ca 3 stunden umherirren fand, ist eine heruntergekommene ex-fabrik (stillgelegt, schon vor jahren), besetzt von lokal ansässigen kunstaktivisten. darauf, so muss ich feststellen, war ich nicht eingerichtet. vor ort traf ich niemanden an. auf jedenfall niemanden, den ich kannte. nach einem kurzen telefonat mit zu hause beschloss ich, noch am selben tag die heimreise anzutreten. susa hörte sich wirklich nicht gut an. der husten und das fieber hatten sich über nacht gesteigert. der entschluss stand also fest. das dumme war nur, daß ich m+m erst nach meiner heimkehr würde über diesen entschluss unterrichten können, da mir weder eine handynummer, unter den ich ihn hätte erreichen können, noch ein internetzugang zur verfügung stand, von dem ich eine mail an ihn hätte absetzen können. ... als erste etappe der heimreise wählte ich den hauptbahnhof, der in zürich nur kurz hb genannt wird. dort hoffte ich mein doch nicht unerhebliches reisegepäck deponieren und mein geld in einheimische währung umtauschen zu können. ... was macht man nun, so unverhofft mit zeit ausgestattet, in zürich? der rückflug ging erst um 17.45. mir standen also etwa 3 stunden zeit zürich zu entdecken zur verfügung. bei meiner irrfahrt durch zürich, als es darum ging die papierfabrik zu finden, hatte ich schon den zürichsee, eines der ziele, die mir wichtig waren, gesehen. aus diesem grunde erlaubte ich mir, einfach auf das geradewohl, immer der nase nach, loszulaufen, bis ich unverhofft auf eine anti-kriegs-demo traf. ich kehrte um, denn auf dem weg hatte ich einen laden entdeckt, in dem ich souveniers für die lieben daheim erstehen wollte. ... die lauferei machte mich hungrig und ich suchte einen imbiss. die wahl fiel nicht zufällig auf mcdonald. dort, egal wo und in welchem land man sich aufhält, trifft man die immer gleichen speisen an, die eben auch verlässlich immer gleich schmecken. so gesätigt lief ich zurück zum hauptbahnhof, um dort im café "les arcades" bei einer tasse kaffee auf den zug zum flughafen zu warten. ich deponierte meine kamera auf dem tisch und machte unbemerkt aufnahmen von den menschen. von zürich, so machte ich es leise mit mir aus, wollte ich dann mehr nicht sehen, obwohl die verbleibende zeit mir einen weiteren ausflug zugestanden hätte. ... ich konzentrierte mich in der folge ganz auf die heimreise. da ich stand-by flog, war eine gewisse spannung ob der ungewissheit, einen freien platz zu ergattern, vorhanden. meines erachtens hatte ich von zürich genug gesehen (dafür, daß ich das erste mal in dieser stadt weilte.). tunlichst wollte ich eine überforderung meines konzentrationsvermögens vermeiden, zumal eine nachlassende aufmerksamkeit das reisen an sich zum rauschen der bilder verkommen läßt. ... seltsamer weise kamen mir die menschen hier so vertraut vor und ich ertappte mich mehr als einmal beim lauten grüssen der menschen. "hallo peter, wie gehts!". die so angesprochene person schaute mich fragend an und mit einem schmalen "oh, ich hab sie verwechselt" gab sie sich zufrieden, nicht ohne den kopf zu schütteln, wie ich bemerken musste. das waren die alarmzeichen, die mich in den nächsten zug zum flughafen drängten. hastig zahlte ich meinen kaffee und sprang in den zug. erschöpft lies ich mich in ein polster nieder. am flughafen hatte ich noch eine geschlagene stunde zu warten, die ich mit fotografieren und dem studium der leute verbrachte. der transitbereich eines flughafens eignet sich für diese art des zeitvertreibs hervorragend, aber das ist stoff für eine andere abhandlung. ... > aus7.org, mit seiner vielfach verschachtelten hypertext-architektur, in der und mit der werk + identität von sascha buettner konstruiert|dekonstruiert wird, versteht sich als mosaikstein im global vernetzten wissensraum. > aussieben im sinne von: filtern, umdeuten, reduzieren, konzentrieren. <_________________________________________________________________________ -- SaB* -- aus7 wie aussieben http://aus7.org ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/