Krystian Woznicki on Mon, 17 Mar 2003 13:11:15 +0100 (CET)


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[rohrpost] Re: SUV culture


Welches Auto würde Jesus fahren?

Gilbert Dietrich, Kolumnen.de, 17.03.03

Das ist zur Zeit die Frage in Gottes eigenem Land. Ein Sport Utility 
Vehicle (Sportgebrauchsfahrzeug: Vierradantrieb, groß, schwer motorisiert), 
weil Jesus ein Amerikaner ist, sagen die einen. Einen Kleinwagen, weil er 
die Schöpfung liebt, sagen die anderen. Der Präsident ist religiös und 
patriotisch und hat deutlich gemacht, wo er steht: seit Januar 2003 können 
"Kleinunternehmen einen großen Teil des Kaufpreises der schwersten SUVs von 
den Steuern abziehen – auch wenn diese SUVs nur den Chef und seinen 
morgendlichen Starbucks transportieren." [Time 24.02.2003]

Das Detroit Project beschuldigt SUV-Fahrer, sie seien Werkzeuge des 
Terrorismus, weil der seine Gelder zum großen Teil aus dem Ölgeschäft 
bekomme. Außerdem seien SUV-Fahrer Schuld an Bushs Aggressionskurs 
gegenüber dem Irak, weil es schließlich nur ums Öl ginge. In New York gehen 
SUV-Gegner durch die Straßen und kleben Aufkleber an SUV-Stoßstangen: "I'm 
Changing the Climate! Ask Me How!" Die Earth Liberation Front steckt auch 
schon mal ein paar SUVs in Brand, wenn es sein muss. Aber – Dialektik des 
Kapitalismus – auch das verändert das Klima und steigert die Nachfrage.

SUV bedeutet Spaß, Überlegenheit und Virilität. Wer einen monströsen 
Lincoln Navigator fährt, hat außerdem ein sicheres Gefühl, immer Vorfahrt 
und verbraucht so viel Sprit wie ein Lausitzer Kohlengrubenbagger. Amerikas 
Kleinwagenfahrer fühlen sich bedroht. Wer mit dem 53 Tausend Dollar teuren 
und drei Tonnen schweren Hummer H2 zusammenprallt, kann nur noch hoffen, 
dass man in der ganzen Sauerei seinen Organspendeausweis findet, während 
sich der Insasse des Zivil-Panzers über den Kaffeefleck auf der Versace 
Hose ärgert.

Der tobende Krieg zwischen Amerikas Autofahrern und der drohende Krieg am 
Golf bzw. die gestiegenen Benzinpreise – obwohl Benzin hier immer noch 
billiger als Wasser ist – haben bereits bei einigen zum Umdenken geführt. 
Wer in Amerikas Vororten viel Geld hat und trotzdem ein gutes Gewissen 
haben will, kauft ein Europäisches Auto. Die Linksliberalen an der 
Nordostküste fahren gerne Volvo. Wer sich für linksliberal hält und 
trotzdem ein Herz für die Amerikanische Ölindustrie hat, der kann jetzt den 
Volvo Cross Country kaufen, der erste SUV-Familienwagen-Hybrid mit 
Gutes-Gewissen-oder-Geld-zurück-Garantie.

Die Crossovers sind die Nachfolgergeneration: so groß wie SUVs, aber lustig 
anzuschauen wie ein Family Auto – ein Twingo in Truckdimensionen und vor 
allem ohne das verdorbene Image der SUV-Spritschlucker. Ein Grund für die 
Industrie, die Monster weiterzubauen, ist, dass man einen viel höheren 
Preis verlangen kann als für einen herkömmlichen PKW, aber in etwa die 
selben Entwicklungskosten hat. Zudem sind SUVs durch US-Amerikanische 
Gesetze geschützt. Zur genannten Steuererleichterung kommt hinzu, dass für 
SUVs, die als Light Trucks registriert werden, die PKW-Standards für den 
Schadstoffausstoß nicht gelten. Außerdem sind sie gegen Konkurrenz durch 
eine 25%-Importsteuer auf Light Trucks geschützt. Diese Steuer wurde 1964 
als Reaktion auf die europäische Importsteuer auf Amerikanisches Hühnchen 
eingesetzt. Erst seit Ende der 90er Jahre, als mit dem Anrollen der 
Globalisierung deutsche und asiatische Hersteller anfingen in Nordamerika 
zu produzieren, kommen die klassischen SUVs wie der Jeep von AMC oder der 
Chevy Blazer unter Druck. Dass unser Brathähnchen durch den Truthahn – der 
SUV unter dem Federvieh – bedroht wäre, ist nicht bekannt.

Den schwersten Schaden trägt das Amerikanische Auto jedoch durch infamen 
Rufmord davon: Prominente wie Leonardo DiCaprio beziehen öffentlich 
Stellung gegen SUV-Fahrer und eine Studie wollte kürzlich zeigen, dass 
SUV-Fahrer ein ausschweifendes Leben führten, wenig soziale Verantwortung 
übernähmen und selten zur Kirche gingen. Wenn das stimmt, gehören 
SUV-Fahrer vor den Ausschuss für unamerikanisches Verhalten.

http://www.kolumnen.de/dietrich-170303.html

At 19:53 18.02.2003 +0100, Pit Schultz wrote:
>SUV = sport utility vehicle
>
>das phaenomen fahrender blechburgen, ps-stark, mehrsitzig,
>und mit der imagination verbunden, nicht nur als commuter
>car, als familien-transporter sondern als gelaendegaengiger
>carrier fuer extremsport-trips, post-nukleare fluchtfahrten,
>oder sonstige paramilitaerische einsaetze benutzbar zu sein.
>ein SUV verweist auf das territorium ausserhalb der hiways,
>auch wenn es durchaus im durchschnitt NIEMALS dazu benutzt wird.
>es braucht ausserdem eine grosse menge sprit und macht soviel dreck
>(co2) wie ein kleiner LKW. im prinzip aehneln SUVs kleinen
>familien raumschiffen ohne flugerlaubnis. GMC (general motors)
>hat letztes jahr ein unmenge davon abgesetzt, mit ENRON-artigen
>kauf-vertraegen, 0% zinsen, kauf-heute-zahl-naechstes-jahr usw.
>wer die ideologiemaschine der SUVs kennt, wird moeglicherweise
>das derzeitigige amerikanische dilemma besser verstehen.
>
>http://www.adbusters.org/debate/suv_terror/
>http://www.geocities.com/CapitolHill/Lobby/1818/3_1suv.htm
>http://www.walkinginfo.org/insight/features_articles/carcult/index3.htm
>http://archives.theconnection.org/archive/2001/04/0427b.shtml
>http://216.239.51.100/search?q=cache:Vya7Wte2niQC:www.baggyslims.com/+SUV+culture&hl=en&ie=UTF-8
>http://www.murderize.com/Articles/suvtax/
>http://envstudies.brown.edu/Thesis/2002/Dyer/Transportation%20SUV.htm
>and, not surprisingly:
>http://www.english.unimelb.edu.au/events/csaa2002/abstracts/wark.htm
>
>...
>
>vielleicht hat jemand schon das passende buch geschrieben oder
>film produziert fast food nation, bowling for columbine - maessig,
>oder sogar eher a la georg seesslens auto-theorie?

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