Florian Cramer on 16 Sep 2001 15:50:58 -0000 |
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Re: [rohrpost] FYI: Sieben Thesen zur Lage |
Am Fri, 14.Sep.2001 um 22:44:02 +0200 schrieb jule brander: > Warum??? Und wenn, dann hätte ich schon gern mal definiert 1. wo bei > einem Anschlag die Grenze zu einem Krieg überschritten wird (ab 10, > 15, 1000 Toten oder nur wenn CNN & Co. Tag und Nacht berichtet?) Natürlich ist diese Grenze nicht objektivierbar. Interessanterweise hat der Terrorismus ja selbst versucht, sie zu verundeutlichen, um sich darüber zu legitimieren. Man denke an Namen wie "Stadtguerilla", "Rote Armee Fraktion", "Brigade Rosse", "Irish Republican Army" oder die amerikanischen "militias". Wenn bei dem Angriff letzte Woche mehr Amerikaner gestorben sind als G.I.s im zweiten Weltkrieg, scheinen mir Vergleiche mit herkömmlichen Bombenattentaten nicht mehr angemessen. Meine Arbeitsdefinition eines kriegerischen Angriffs wäre: 1. Er wird von einer professionell formierten politischen Organisation ausgeführt, nicht von einem Einzeltäter; fast immer sind auch andere Regierungen bzw. Geheimdienste involviert (als Mitwisser oder direkte Helfer); Diese Definition schlösse die meisten linksextremen Attentäter (RAF und andere) ein und die meisten rechtsextremen Täter (McVeigh, den österreichischen Briefbombenbauer u.a.) aus. 2. Ziel ist die Zerstörung eines Territoriums bzw. seiner Infrastruktur, weniger eine genau ausgewählte Person oder Personengruppe. Tausende Tote in der Zivilbevölkerung werden in Kauf genommen oder sogar beabsichtigt. Diese Definition hingegen schlösse die meisten linksextremen Attentäter aus und in die meisten rechtsextremen ein. Da mir kein anderer terroristischer Anschlag außer dem von New York bekannt ist, auf den sowohl Merkmal 1 und 2 zutreffen, scheint es mir hier nicht vermessen, von einem kriegerischen Angriff (und nicht bloß von einem Attentat) zu sprechen. > sagen?) und 2a. ab wann genau man einen souveränen Staat ohne > Kriegserklärung für Terroristenunterstützung angreifen darf > (jederzeit, jeder Staat jeden, der das so definiert, oder nur die > "zivilisierten Staaten" die unzivilisierten?)? Die Schwäche der USA ist, daß sie auf einen - vermutlich - nicht nationalstaatlichen Gegner jetzt so reagiert wie auf einen Nationalstaat. Die Mobilisierung der Reservisten finde auch ich, bei aller Sympathie für Amerika, irrational und paranoid. Wenn die bisherigen Indizien einer international verteilten (vermutlich islamistischen) Organisation halbautonom operierender, redundanter Zellen von "Schläfern" stimmen, ist die Ausschaltung dieser Organisation weitaus komplexer, als sich das einer emotionalisierten Öffentlichkeit verkaufen läßt, die gerne einfache und schnelle Lösungen sähe. Allerdings gehe ich jede Wette ein, daß auch solch ein postmoderner, globalisiert agierender Zellen/Schläfer-Krieg nicht ohne nationalstaatliche Unterstützer operiert. Das lehrt z.B. die Geschichte Querverbindungen von Geheimdiensten und Terrorismus im kalten Krieg der 70er Jahre. > multinationale Truppe bin Ladens). Infoge dieser Unterstützung kam es > zu einem Putsch mit Tausenden von Toten. Frage also: wenn Allende den > Putsch abgewehrt hätte, hätte ihm dann das Recht zugestanden die > Anstifter "falls sie über eine militärische Infrastruktur und > politische Rückendeckung verfügen" militärisch anzugreifen, kurz CIA, > Kissinger und die ganze US Regierung zusammenzubomben? Interessante Frage, in der Tat! Zumindest hätte er die US-Regierung vor ein internationales Gericht zitieren können und wäre zweifellos auch dazu legitimiert gewesen, ihre Auslieferung mit militärischer Gewalt zu erzwingen. Florian -- http://userpage.fu-berlin.de/~cantsin/homepage/ http://www.complit.fu-berlin.de/institut/lehrpersonal/cramer.html GnuPG/PGP public key ID 3200C7BA "c u in he][l][avan" (mez, _Viro.Logic Condition][ing][ 1.1_) ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de